von Petra Stoppacher
BĂ€r und Fuchs waren ĂŒber die Jahre einer langen Freundschaft zu einem starken Duo geworden und lebten eintrĂ€chtig in ihrem gemeinsamen Lebensraum, der sich Wald nannte, zusammen. Vor allem hatten die beiden voneinander gelernt, wie man in dieselbe Richtung blickt, und so sammelten sie sich viele Male zusammen an der Lichtung, um Blicke in ihr Innenleben und in die Zukunft zu riskieren. Die Lichtung verschaffte Weitblick. Der Blick fĂŒhrte ĂŒber die Gipfel der BĂ€ume und landete in der Zeit, die sie sich selbst voraus waren, wenn sie sich austauschten.
Eines Tages, als sie gerade erst dort eingetroffen waren, kam ein kleines MĂŒckentier und blinzelte die beiden fordernd an. Sie sahen ĂŒberrascht zum kleinen Tier auf, dass sich frech auf ihren Nasen niederlieĂ, auch wenn sie ganz oft blinzelten. „Ihr zwei seid in die Irre gegangen!“, zirpte das MĂŒckentier und beutelte sich ab. Das GerĂ€usch des Abbeutelns klang dem BĂ€ren vertraut in den Ohren, weil der Fuchs oft gleich tat. Er kannte diese wilde Geste und fand das Tier ganz gleich dem Freund, vertraut. „Wer bist du denn ĂŒberhaupt? Machst du Honig?“, fragte er mĂŒrrisch, weil er nicht wusste, was eine Irre war, und sich nicht zu fragen traute. Er wĂ€hnte sich nicht gerne in der Irre und bekam es auch nicht gerne vorgetragen, weil es einen ihm unbekannten Ort darstellte. Das war bloĂ ein falscher Ort, mehr wusste man jetzt nicht darĂŒber. Der Fuchs kratzte sich den Bauch, wie er es vom BĂ€ren gesehen hatte. Er hatte geahnt, dass etwas nicht der Norm entsprach an diesen zusammen verlebten Stunden. Sie waren zu langsam, zu schön. Doch die MĂŒcke war nicht so laut wie seine Herzensregung und der groĂe BĂ€r schnappte sie mit einem Bratzenschlag.
Das war dem Fuchs dann doch wieder nicht geheuer und er jaulte auf, als hÀtte er selbst den Bratzenschlag abbekommen. Der BÀr lief fort und sie trafen einander in der Zeit darauf nur noch durch Zufall, nie mehr gab es sie im Doppelback mehr. Es war, als wÀre jeder nur noch seine eigene Sonne, in ihrer aus der Begegnung erwachsenen Haftung am eigenen Gewicht.
Ein Fliegengewicht hatte sie mit dem Alleinsein beschwert. So kann es passieren, wenn man nicht redet, um beieinander wieder Anklang zu finden und die Leichtigkeit einer lange gelebten Freundschaft zu erhalten.
© Petra Stoppacher 2021-03-07