Die Felsenkrippe !

Josef Sonnweber

von Josef Sonnweber

Story

Stefan ist erst 9 Jahre alt und darf seinem Vater beim Krippenbauen helfen. Dieser hat sich bei der vorjährigen Krippenausstellung als Interessent gemeldet und kommt jetzt jede Woche zweimal ins Krippenlokal zum Krippenbauen. Bei der Vorbesprechung war der kleine Bub auch mit dabei und hat dann zu Hause die Vorlagemappe eifrig mit seinem Vater studiert. In dieser Mappe waren verschiedene Krippenbauvorlagen, heimatliche und orientalische Krippenberge. Beide waren sich lange nicht einig, welche Art sie nun bauen sollten. Die Mama meinte, dass es eine orientalische Krippe werden sollte, während Vater und Stefan mehr zu einer heimatlichen Krippe hin tendierten. Bei der Ausstellung war eine Krippe dabeigewesen mit einem alten Stall und einer herrlichen Krippengegend mit Bach, Backofen und Felsen. Ja Felsen, wo eine Gämse vom Gipfel herab-schauen konnte und sogar höher oben stand, als der Verkündigungsengel. Und wenn der Obmann bei der Vorbesprechung meinte, dass jede Krippe eine Traumkrippe werden sollte, von der man auch träumen kann, so hatte dieser gar nicht so unrecht, denn Stefan träumte nun wirklich von einer Felsenkrippe, wo orientalische Türme und Säulen herumstanden und sogar die Tiroler mit den Orientalen um dem Krippenstall kämpften. Schweißgebadet wachte er dann meistens auf. Als dann der Familienrat beschloss, doch eine orientalische Krippe zu bauen, war Stefan schon etwas enttäuscht, weil eben auf einer orientalischen Krippe kaum Felsen zu finden sind und es dort meistens ‘brettleben’ hergeht, wie der Obmann meinte. Dabei war aber in der Dorfkirche über dem Altar ein Bild aufgemalt, wo Jesus den Apostel Petrus zum Apostelamt beruft und auf den Felsen zeigt. Als dann einmal in der Schule beim Religionsunterricht darüber gesprochen wurde, fragte der Pfarrer den Buben:“Was hat Jesus zum Apostel Petrus bei seiner Berufung gesagt?“ Wie aus der Pistole geschossen kam darauf die Antwort des Buben: “Du bist Petrus der Fels und auf diesen Felsen werde ich meine Krippe bauen!” Verständnisvoll lächelte da nur der Herr Pfarrer, weil er ja wusste, dass sich Stefan zurzeit ganz dem Krippenbauen verschrieben hatte. Keine Frage, dass es dem Buben trotzdem noch gelungen ist, auf der orientalischen Krippe einen Felsen unterzubringen, zwar nicht so hoch wie geträumt, aber einen Felsen, auf welchem ein Verkündigungsengel stand und herabwinkte, als wollte er sagen:“Gschleints enk Hirten und kemmt’s gaach zur Krippe, bevor mir da heroben schwindlig weard!“ So sind mir in meiner bereits dreißigjährigen Krippenbauzeit manche nette Begebenheit untergekommen. Zwei Mädchen wollten auf ihrer heimatlichen Krippe zum Bespiel unbedingt ein Schwimmbad darauf haben. Schlussendlich einigten wir uns dann, dass nach Maria Lichtmess, wenn die heilige Familie nach Ägypten flüchtet, ein kleines rundes Schwimmbecken dazugestellt werden kann, wo die ‘Legomandlen’ dann bis zum Aufstellen im Advent baden konnten.

© Josef Sonnweber 2020-12-25

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