Die Frau, die kein Wochenende kennt

Samstagvormittag in der WG, wir frühstücken. Meine Schwestern sind auf Besuch da, meine Mitbewohnerin und ihr Freund sind auch Teil unserer gemütlichen Runde. Das Gespräch dreht sich auf einmal um mich.

„Du bist ja quasi nie erreichbar“, sagt meine Schwester.

„Ja, ständig beschäftigt“, die andere Schwester.

Ich?

Kräftiges Nicken von allen Seiten.

Der Freund meiner Mitbewohnerin greift den Faden auf. „Ja, man könnte dich auch bezeichnen als ‚die Frau, die kein Wochenende kennt‘. Ich frag mich, gibts bei dir überhaupt so was wie Entspannen? So, einfach auf der Couch liegen und nichts Sinnvolles tun? Stundenlang fernschauen? Kennst du das eigentlich?“

Hm… Früher hab ich schon viel ferngeschaut. Nach der Schule, eine Serie nach der anderen, aufgenommene Filme, viele Stunden im Fernsehzimmer im Keller bei uns daheim.

M. ist begeistert, „Genau, THAT’S the spirit!“

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Ich, die Frau, die kein Wochenende kennt? Das beschäftigt mich. Wollte ich doch nie mitmachen bei diesem Wir-sind-modern-und-ständig-erreichbar-ständig-beschäftigt-Mainstream. Nicht zu viel arbeiten, nicht das Wesentliche aus den Augen verlieren, nicht bei jeder Frage sagen müssen, du leider hab ich keine Zeit.

Als erste Konsequenz: der „Say No-September“. (Ich will das Nein-Sagen üben. Aber das ist eine andere Geschichte.)

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Vor genau einem Jahr, das Gespräch schon längst vergessen, in der Zwischenzeit Umzug, Job gekündigt, arbeitslos. Alles was ich mache ist das Internet durchforsten nach halbwegs interessanten Inseraten, und – fernschauen. Auf der Couch. Ich bin das Musterbeispiel eines Couch Potatos. Genauso leblos fühl ich mich auch. Und muss an M. denken.

That’s the Spirit?

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Seit zwei Wochen bin ich daheim. Urlaub abbauen, Kurzarbeit. Ein Tag in der Woche arbeiten, sonst: Wochenende. Seit langem hab ich nicht so viel Bewegung, frische Luft, Zeit zum Ausmisten. Einfach in den Wald gehen, mitten am Tag, wurscht wie lang. Lesen, schreiben, Gitarre spielen. Telefonieren. Stadt-Land-Fluss-Skypen.

That’s the Spirit? Ja, schon eher.