Die fremde Frau

Figaro

von Figaro

Story

Es ist ein Tag getragen von Arbeit, die freudvoll und gut gelaunt kreiert wird. Ich habe nicht vergessen wie sich Zufriedenheit anfühlt. Die Sommerabende sind heiß, etwas langsamer als sonst und friedlich. Scheinbar.

Die Hundstage verwöhnen mich, denn die Klimaanlage sorgt dafür, dass ich tagsüber erfrischt meiner Arbeit nachgehen kann. Mein Hund ist ein Sonnenanbeter aber in diesen Augusttagen ist er besonders zufrieden ruhend, auf seinem Fauteuil und genießt die kühle Brise im Salon.

Der Abend schmeckt nach österreichischem Schafskäse, Kernöl, frischem Oregano und süssen Tomaten. Die Fenster in der Wohnung sind offen, ich spüre erfrischenden Wind und als Abendbeleuchtung flackern Teelichter & Kerzen.

Auf meinem kleinen Innenhofbalkon ist sattes Grün gewachsen & die Hortensie blüht blau im Kerzenlicht. Zigarettenauszeit in der Nacht. Die Sterne leuchten still am Himmel und ich geniesse es voll & ganz bei mir, mit mir zu sein. Ausatmen. Zwei Lichter im Haus gegenüber sind an. Es sind immer die Selben. Wohl auch so Nachteulen wie ich, die oft schon die Vögel zwitschern hören, wenn sie schlafen gehen. Der Mond beleuchtet das Haus mit dem Turm zur Hälfte. Sonst ist alle dunkel. Bis auf ein paar Wolken und der Bambus vor mir, bewegt sich nichts.

Ich lehne an der Anrichte, geniesse die ersten Züge der Zigarette und schaue zu den Sternen, als ich eine Frauenstimme höre. Klagend hinter einem geschlossenem Fenster. „I hoit das nimmer aus. Na, i kau nimmer. I wü sterben.“

Das trifft mich durchdringend wie ein unerwarteter Blitz. Die Stimme ist wehklagend. Verzweifelt. Jammernd. Sie weint. Dann ist wieder Stille. Ich kann nicht ausmachen von wo sie kommt. Mein Zinshaus teilt sich mit zwei Anderen den Innenhof. Von den beiden Fenstern mit dem Licht an, kommt sie nicht.

„Na, i wü sterben. I wü nimmer.“ Schreie. Dann verstummt die Frauenstimme. Als würde sie sich bewegen und umhergehen in ihrer Wohnung. Ich werde traurig. Jemand den ich nicht kenne, den ich nicht ausmachen kann, ist verzweifelt und sagt, dass er sterben will.

Es ist still. Kein Laut mehr. Ich mache mir Gedanken. Alle möglichen… Was hat sie? Hat sie Schmerzen? Ist sie krank? Hat sie Angst? Ist jemand bei ihr? Wie kann ich ihr helfen? Was kann ich tun? Ich denke nach, ob ich jemals schon so verzweifelt war, wie diese fremde Frauenstimme, die in den Nachthimmel weint. Ich kenne sie nicht aber ich fühle mit ihr. Niemand soll sich so fühlen müssen und in solch einem Zustand alleine sein. Ich schaue in den Himmel und mache die Augen zu. Denke an mein Chi, an die Meditationen, die ich seit meinem Urlaub täglich praktiziere und die mich bewusster und weiter werden lassen, mit dem WER ich bin und WAS ich kreiere. Als manifestierender Generator.

Ich erzeuge ein Licht mit hoher Strahlkraft und schicke es dorthin wo es gebraucht werden könnte. Ich schicke es der fremden, traurigen Frau. Glaube, Vertrauen, Zuversicht und Mut, könnte auch gebraucht werden. Hier ist es.

In Liebe.

© Figaro 2020-08-13

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