Die Freundschaftsanfrage meiner Mutter

Ich bin Generation Facebook, LinkedIn und Instagram. Weniger Clubhouse, Spotify und was weiß ich.

Meine Mama ist nix davon. Sie kann whatsappen und onlinebanken. Naja „können“ – sie kann Nachrichten schicken und liebt es statt Worten Emoticons zu verwenden, aus denen man sich zusammenreimen kann was sie gerade beschäftigt. Und sie kann mich anrufen und mich darum bitten die Überweisung im Bankprogramm freizugeben, weil gerade als sie das selbst machen wollte, war ein Hoppala im Internet und es hat nicht geklappt. Sie ist 82, das passt schon so.

Vor Kurzem bekomme ich eine Freundschaftsanfrage in Facebook von meiner Mutter. Erst denke ich, es ist ein Fake, ein Troll, ein Dieb, alles nur nicht meine Mutter! Ich schaue mir das Profil genauer an – das Foto, das sie gewählt hat, ist ganz sicher der Esstisch meiner Mutter: Ihre Teekanne, ihre Pillendose, die Lieblingsvase mit den Tulpen, hat sie wohl extra geknipst, sehr kreativ. Ahja Fotos mit dem Smartphone machen und verschicken kann sie auch.

Will ich mit meiner Mutter auf Facebook befreundet sein? Nein! Sie wird garantiert peinliche Kommentare unter meine Postings schreiben, so wie „Mausebärli wann kommst denn wieder die alte Mama besuchen, die ist so einsam!“ oder “Du warst schon als Kind moppelig, so herzig!”… Lustig sicher auch “Der Mann da hinter Dir, ist das Dein süßer neuer Kollege?”

Mir wird ganz elend. Das halte ich nicht aus. Doch wie kann ich ihr das sagen, ohne sie zu verletzen?

Ich rufe sie an: “Mami, hast Du ein Facebook-Profil?????”

“Ja, ich will dem Herrn … äh… na, weißt eh, der – also na jetzt fällt es mir nicht ein, ich mag den so, wir haben schonmal über den geredet, war grad in den Nachrichten, Du weißt schon, der mit dem Hund, der mit dem Elefanten, jedenfalls steht da er hat ein Facebook-Profil und ich will ihm schreiben.“

Parallel rattere ich die Nachrichten der letzten Stunden durch. Zum Glück tut sich gerade nicht viel und der Hinweis mit dem Elefanten ist natürlich der Beste: “Geht’s um den Rücktritt von Rudolf Anschober?”

Sie lacht. Ja, natürlich.

Vielleicht kannst ihm ja aber auch einfach eine Mail schicken? Mailen kann sie auch. Mails lesen, nur wen man ihr vorher sagt, dass man ihr eine Mail geschickt hat, regelmässig checkt sie nicht ihr Postfach, wozu auch, man kann doch einfach anrufen!?

Anruf von meiner Mutter – das mit der Mailadresse die ich ihr rausgesucht habe, hat geklappt und er hat auch schon geantwortet, so ein höflicher Mensch!

Ich liebe meine Mama!