von Maria Merimi
Die Geburt der Zwillinge und andere wichtige Details meiner Familie.
Ich wurde am 14. März 1949 in der Kölner Südstadt, Frauenklinik, Alteburger Straße 1 geboren. Als ich endlich den Geburtskanal verlassen und das Licht der Welt erblickt hatte, stellte die Hebamme erstaunt fest, dass da noch jemand war und sie informierte meine etwas erschrockene Mutter. 1 Stunde später hielt meine Mutter zwei Mädels in den erschöpften Armen. Die Enttäuschung meines Vaters Rudi war nicht zu überhören, denn er sagte deutlich: „Doppelt blamiert“. Zu seiner Entlastung muss ich sagen, dass er bereits aus seiner Ehe Vater von zwei Töchtern war und sich einen Sohn gewünscht hatte. Da meine Eltern nicht verheiratet waren, wurden wir unehelich geboren. So mussten wir uns bald an die schlimme Bezeichnung Bastard gewöhnen in unserem Elternhaus, Alteburger Straße 38. Mein Vater, Rudolf Clemens Stachmann wurde am 25. September 1901 geboren und war zu diesem Zeitpunkt 48 Jahre alt. Meine Mutter Maria Schubach geb. Borrmann wurde am 6. August 1917 geboren und war Kriegerwitwe. Sie hatte einen kleinen Sohn mit dem Namen Manfred Schubach. Mein Bruder wurde am 27. April 1944 geboren. Sein Vater Toni war bei seiner Geburt dabei, da er auf Heimaturlaub in Köln war. Der Stabsarzt hatte ihn mit einer Lungenentzündung krankgeschrieben, damit er die Geburt des Sohnes miterleben konnte. Danach musste er wieder zu seinem Batallion nach Russland und kehrte nicht mehr nach Hause zurück. Einige Wochen nach Manfreds Geburt erhielt meine Mutter die Todesnachricht ihres Mannes. Nun war sie alleinerziehende Mutter.
Das Schicksal wollte es allerdings anders, denn zufällig trafen sich meine Eltern nach dem Krieg in der Kurfürstenstraße wieder. Meine Mutter war mit dem kleinen Manfred an der Hand auf dem Weg zur Schulspeisung in der Mainzer Straße. Mein Vater war in der Zwischenzeit aus Kriegsgefangenschaft zurückgekehrt und half seinen Schwestern beim Entrümpeln des zerbombten Grundstücks.
Das war allerdings nicht das erste Mal, dass sich meine Eltern kennenlernten. Es gab da eine Vorgeschichte. Mein Vater war verheiratet und hatte zwei Töchter, die mittlerweile erwachsen waren. Die Ehe meines Vaters war gescheitert, es gab starke Differenzen. Mein Vater war Kommunist und hatte vor dem Krieg und während des Krieges Vorträge gegen Hitler gehalten. Sein eigener Schwager, der Bruder seiner Frau, hatte ihn bei der Gestapo denunziert. So wurde er verhaftet und verbrachte einige Zeit in einer Zelle im El-De-Haus in der Kölner Innenstadt. All das hatte das Ehepaar entfremdet und es war keine Verständigung mehr möglich. Während des Krieges lernte mein Vater, der genau wie meine Mutter in der Südstadt in Köln lebte, in dem Lokal „Fertig“ an der Bonner Straße meine Mutter kennen. Toni, der Ehemann meiner Mutter, war im Krieg und kam selten nach Hause. Das Kennenlernen muss wohl für beide ein spektakuläres Ereignis gewesen sein. Es war Liebe auf den ersten Blick, so konnte ich es später aus den Erzählungen meiner Mutter entnehmen. Kurz danach hatten sie eine Affäre und trafen sich regelmäßig heimlich. Fortsetzung folgt im nächsten Kapitel
© Maria Merimi 2023-11-30