von Bipolarissa
Um mir bzw. Bipolarissa besser folgen zu können, ermutige ich Euch den Artikel auf Wikipedia zum Thema Bipolare Störung bzw. manische Depression zu lesen. Ich berichte hier sehr subjektiv über die Krankheit, teilweise mit Ironie und Sarkasmus. Humor ist manchmal das Einzige, was einem bleibt, gerade wenn man manische Phasen meinerseits betrachtet. Des Weiteren möchte ich an dieser Stelle betonen, dass ich keine Ärztin oder Therapeutin bin, sondern “nur” eine Betroffene. Anbei noch eine Triggerwarnung: in depressiven Phasen kommt es zu heftigen, negativen Gedankenspiralen, über die ich jedoch offen und schonungslos berichten werde. Für alle gilt: bitte professionelle Hilfe suchen bzw. seid ihr nicht selbst betroffen: unterstützen, eben so eine Hilfe zu finden, sei es erstmal die Seelsorge, später dann ein Psychiater (das ist der, der mir die Pillen verschreibt, damit ich im Gleichgewicht bleibe) oder eine Therapeutin („und wie fühlen Sie sich?“).
Bipolarissa kam nicht über Nacht, sondern es war ein schleichender Prozess: Anfang 2016 hatte ich extrem viele schöne Tage und Momente, gerade auch in meinem ersten Urlaub alleine im Frühjahr. Durch viel Sport (ich ging fünf Mal die Woche ins Fitnessstudio) fühlte ich mich sehr wohl in meinem Körper, merkte dabei jedoch nicht, dass ich mich in einer Abwärtsspirale befand und kurz vor der Magersucht stand. Nachdem ich wieder angefangen hatte zu arbeiten, kippte das andauernde Hochgefühl rasend schnell: in meiner Wohnung war kaum noch der Fußboden zu erkennen, auf der Arbeit hatte ich Heulkrämpfe aus dem nichts. An einem Samstag saß ich alleine in einer Bar und unterhielt mich mit wildfremden Menschen über meine Situation und beschloss anschließend – völlig überstürzt-, meinen Job zu kündigen und brachte damit den Stein erst richtig ins rollen.Am nächsten Tag fuhr ich zu meiner Familie und verkündete meine Entscheidung, mit der Begründung, “dass ich nicht mehr glücklich sei”. Was soll ich sagen? Meine Eltern waren stolz auf mich, und mein Vater öffnete eine Flasche Prosecco, um meinen Entschluss zu feiern.
Am ersten Tag nach der Kündigung war ich abends bei meiner besten Freundin und erzählte ihr munter von Gott und der Welt. Für mich alles total „sinnvoll“, für sie einfach nur zusammenhangsloser Kauderwelsch in einem abnormalen Tempo.„Bitte geh morgen zu deiner Hausärztin und die soll dich an einen Fachmann überweisen, ich glaube, du hast wirklich ein psychisches Problem!“ Das war in etwa der Wortlaut von ihr und anschließend hielt sie mich im Arm, als ich ihr zustimmte und anschließend wie ein kleines Kind anfing zu weinen.Ich kann es schwer in Worte fassen, wie dankbar ich meiner Freundin bis heute bin. Ohne sie hätte ich niemals den Mut gehabt, meiner Hausärztin zu sagen: „Irgendwas stimmt nicht in meinem Kopf.“ Zu dem nun beginnenden Arztmarathon und der Diagnose kommen wir ein anderes Mal, genau wie zu meiner ersten Depression, die auf die Manie folgte.
© Bipolarissa 2022-03-16