Die Geister, die wir riefen

Wenn man von Themen wie dem Tod, der Seele oder der Zwischenwelt fasziniert war, kamen manche Menschen auf die dümmsten Ideen. Beispielsweise sich doch einfach einmal am Geister rufen zu versuchen. Dass das mit oder ohne Glauben an das Übernatürliche eine Schnapsidee war, dürfte jedem normal denkenden Menschen klar sein. Aber Kinder im Alter von 12 Jahren waren nicht wirklich für ihr vernünftiges rationales Denken bekannt. Da galt eher die Diverse: erst ausprobieren, dann nachdenken, was man dort eigentlich getan hatte.

Deshalb haben zwei Freundinnen eines Tages beschlossen, eine Übernachtungsfeier nach ihren eigenen Regeln zu schmeißen. Wie der Zufall es so wollte, waren die Eltern eines der Mädchen am Abend unterwegs gewesen. Dies war die perfekte Gelegenheit für die beiden Entdecker, das auszuprobieren, was sie so oft in irgendwelchen Geistervideos auf YouTube gesehen hatten. Geduldig wartend, bis die kleine Schwester im Bett der Eltern eingeschlafen war, schlossen sie die Zimmertür und sammelten anschließend alles Nötige zusammen für das Ritual, welches die beiden bei einer 2-Minuten-Recherche im Internet gefunden hatten. Mit zwei brennenden Kerzen als Lichtquelle setzten die beiden Freunde sich gegenüber hin und legten die Buchstaben, Zahlen sowie die Antworten „Ja“ und „nein“ auf Pappe geschrieben in einem Kreis auf den Boden. Mit geschlossenen Augen murmelten Sie leise die lateinischen Worte, die ihnen von Google Translate vorgesprochen wurden und warteten gespannt auf ein Zeichen. Doch wie viele Fragen sie auch stellten, bekamen sie nie eine Antwort. Nach einer gewissen Zeit bekam eines der Mädchen jedoch unaussprechliche Angst, da sie die Dunkelheit um sich herum begriff und brach das Spiel abrupt ab – ohne „Danke“ oder „Auf Wiedersehen“ zu sagen. Aber wenn Angst die Sinne übernahm, wer achtete da noch auf angemessene Etikette. Als wäre nichts passiert, räumten die beiden Mädchen alles an ihren Platz zurück, machten sich schnell bettfertig und legten sich in das Doppelstockbett – wobei die ängstlichere der beiden im unteren Bett liegen musste.

Abermals umgeben von Dunkelheit, welche nur durch das Mondlicht erhellt wurde, unterhielten die beiden Freunde sich noch ein Weilchen, bis vom oberen Bett keine Reaktionen mehr kamen. Immer noch angespannt lag ein Mädchen nun da und ließ ihren Blick immer wieder durchs Zimmer streichen, ohne je etwas Auffälliges zu entdecken. Plötzlich gab es einen lauten Knall und der Spalt unter der Tür wurde auf einmal hell erleuchtet. Vom Lärm geweckt traten die beiden aus dem Zimmer in Erwartung, die Eltern zu sehen, doch sie sahen niemanden. Stattdessen entdeckten sie, dass alle anderen Zimmertüren nun geschlossen waren und überall die Lichter angeben waren. Völlig überfordert mit der Situation sahen sie nach der kleinen Schwester, doch diese schlief friedlich weiter.

Bis heute, fast 13 Jahre später, habe ich keine Erklärung für dieses Ereignis. Es scheint so unwirklich, dass ich manchmal sogar denke, dass das alles nur ein Traum war. Aber ich bin mir sicher, dass wir damals etwas Übernatürliches erlebt haben. Und es hat meinen Glauben an eine weitere Ebene außerhalb unserer Realität gefestigt.