Die Geisterkatze

Klaus Schedler

von Klaus Schedler

Story

Gespenster? Ja die würden recht gut zu unserem etwa 250 Jahre alten Haus im Waldviertel passen. Eigentlich gibt es sie aber nicht. Und wieso „eigentlich“? Naja, manchmal geschehen eben schon recht merkwürdige Dinge.

Da wäre etwa jene denkwürdige Erscheinung in meinem Schlafzimmer: Auch als Pensionist stehe ich allmorgendlich zwischen 6:00 und 7:00 auf, schüttle das Bett zum Lüften auf, stelle die Heizung ab und öffne das Fenster. Danach bereite ich in der Küche mein Frühstück, höre dabei Radio und danach geh ich ins Badezimmer. Nach dem Duschen ist es dann meist schon 9:00 geworden und da rufe ich meine liebe Frau in Wien an und wir erzählen einander, wie es uns geht und was wir heut so vorhaben.

Nachdem ich mich dann angezogen habe, schließe ich das Schlafzimmerfenster, mach mein Bett und meist setze ich mich danach ins Wohnzimmer, um im Internet die Zeitung zu lesen.

Ja, und genau nachdem all dies geschehen ist, tritt jeden Tag etwas Sonderbares in mein Leben: Ich gehe in mein Schlafzimmer, um die Heizung aufzudrehen und dann sind sie da: Gut erkennbare Tapser auf meiner zuvor sorgfältig geglätteten Tuchent, so als wenn eine Katze darüber gegangen wäre.

Jeder kennt solche lustigen Tapser von den Autos, die über Nacht draußen geparkt waren, wie sie von der Heckklappe übers Dach bis zur Motorhaube führen. In meinem Bett sind aber keine Schmutztapser, sondern nur saubere Eindrücke in der Tuchent.

Eine Geisterkatze? Ich weiß es nicht. Tatsächlich hatten wir einmal eine Katze gehabt. Unser lieber Silvester war unseren drei Kindern ein braver Begleiter gewesen. Geboren 1994 im Waldviertel ist er eigentlich in unserer Wiener Wohnung ein zufriedener Stubentiger geworden, was er aber tief im Innern lediglich halbherzig gebilligt haben dürfte. Die Ferien jedoch verbrachte er im Waldviertel und dort konnte er dann in jeder Hinsicht seine Leidenschaften ausleben, was er auch gern und ausgiebig tat.

Überall, drinnen wie draußen, hatte er seine Lieblingsplätze an denen er schlafen oder einfach nur dösen konnte und dabei strahlte er die für Katzen typische, ansteckende Ruhe aus. Ins Bett durfte er aber nicht – zumindest glaubte ich das, bis mich die Kinder eines Besseren belehrt haben. Ich habe jedoch durchsetzen können, dass zumindest MEIN Bett für den Silvester als Tabuzone galt, was er auch zu akzeptieren schien.

Während seines letzten Ferienaufenthalts im Waldviertel wurde Silvester plötzlich stiller, fraß nur ganz wenig, wirkte etwas matt, schien aber sonst recht zufrieden. Er war damals bereits 15 Jahre alt und ich meinte, dass er vielleicht etwas Falsches gefressen hätte und wohl selbst am besten wisse, wie er wieder gesund werde. Eines Morgens aber fand ich ihn tot an einem seiner Lieblingsplätze im Garten. Dort in der Nähe ist er begraben worden.

Eine Geisterkatze? Ich weiß es nicht, aber wahr ist, dass Silvester zu Lebzeiten, was mein Bett anbelangt, noch eine Rechnung mit mir offen hatte.

© Klaus Schedler 2020-10-06

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