von Silvia Peiker
Die Temperaturen steigen pünktlich mit Märzbeginn und die ersten Frühlingsboten schlüpfen aus der winterkalten Erde und strecken mutig ihre bunten Köpfchen den wärmenden Sonnenumarmungen entgegen. Auch wenn mich Plusgrade begeistern, so bleibt doch als Wermutstropfen die Tatsache, dass der beinahe schneelose Winter in meiner Region und die spärlichen Niederschläge den durstigen Böden und der erwachenden Natur sehr zusetzen.
Auch wenn es mich in den Fingern juckt, das schützende pergamentähnliche Laub des noch kahlen Ahorns, das sich zwischen den Trieben der Hortensien verfangen hat, im Vorgarten zu entfernen, so werde ich damit noch warten, bis der ersehnte Himmelsschauer den Pflanzen die nötige Feuchtigkeit spenden wird. Dicke, schwarze Brummer summen, vom strahlenden Sonnenschein angelockt, in harmonischer Kontrastierung mit dem Azurblau der Himmelsdecke, vergnügt auf der Terrasse. Google verrät mir, dass diese imposante Wildbienenart unter der Bezeichnung Blaue Holzbiene bekannt ist. Im Gegensatz zu anderen Bienenarten leben diese nicht honigproduzierenden Insekten in keiner sogenannten Beute, wie diese Behausung von Bienenzüchtern bezeichnet wird, sondern sie legen ihre Brut im Totholz ab. Die nützliche, blauschwarz schillernde Solitärbiene sammelt den nahrhaften Blütenstaub lediglich für den eigenen Nachwuchs und trägt so zur wichtigen Bestäubung der blühenden Pflanzen bei.
Gegenwärtig vertiefe ich mich in Maja Lundes Die Geschichte der Bienen, die sich über drei unterschiedliche Zeitepochen spannt. Der voluminöse Roman geizt nicht mit interessanten, mir bislang unbekannten Details über das faszinierende Handwerk der Imker.
Gleich zu Beginn springe ich neugierig ins Jahr 2098, wo ich die Chinesin Tao begleite, die gemeinsam mit vielen anderen in den Obstbäumen von Blüte zu Blüte klettert, um diese anstatt der bereits ausgestorbenen Bienenvölker zu bestäuben. Einen Sprung zurück ins England des 19. Jahrhunderts begegnet mir der desillusionierte Zoologe William, dessen Lebensgeister erneut aufflammen, als er einen innovativen Bienenstock baut. Mit Interesse voran hechte ich ins Ohio des Jahres 2007, wo der Imker George ums Überleben seiner Bienenvölker bangt. Ein waghalsiger Köpfler später bringt mich wieder zu Taos kleiner Familie, deren Welt durch Wei-Wens Unfall im geheimnisvollen Zukunftsszenario plötzlich aus den Fugen gerät. Die Spannung wächst und mein Mutterherz schlägt empathische Purzelbäume für den 3-Jährigen.
Eindringlich erinnert uns die norwegische Bestsellerautorin daran, dass das große Ganze vom Kleinen abhängig ist, indem sie unwiderlegbare Zusammenhänge zwischen der schützenswerten Natur und uns zerstörenden Menschen herstellt. Stellt die drängende Frage: Wie wichtig ist uns Nutznießern das Überleben unseres Planeten, wenn Nahrung und Ressourcen knapp werden, während Profit unser Denken beherrscht? Mit ihrem einfühlsamen Umweltthriller gelingt ihr der Spagat zwischen Historie des Imkereihandwerks und hoffnungsvollem Endzeitszenario. Und ist es nicht schon längst fünf vor zwölf?
Eigenes Foto
© Silvia Peiker 2025-03-09