Die grantige Wiener Seele

Anton Dobrowsky-Ziegelmayer

von Anton Dobrowsky-Ziegelmayer

Story

In Favoriten geht ein echter Wiener niemals unter und in Kaisermühlen wird der Blues auch noch eine Zeit lang zu hören sein. Terroristen werden von uns mit einem herzlichen “Schleich di du Oaschloch!” bedacht und wenn ein älterer Herr aus Wien nicht verstanden wird oder bekommt, was er will, wird er höchst wienerisch grantig. So geschehen vor einiger Zeit nach einem Besuch des Raimund-Theaters.

Wir nahmen in einem der wenigen “echt italienischen” Restaurants in Wien Platz. Keine Pizzeria unter Führung von Karli Sackbauer oder Achmet Schachbrett, sondern ein Lokal, in dem sich ein echt italienischer Patrone noch persönlich um das Wohl der Gäste kümmert.

Kurz nach uns betreten zwei Senioren plus ihre beiden Senioritas das Ristorante und nehmen Platz am Tisch neben uns. Der Dialektik konnte man entnehmen, dass es sich hier um vier ältere “Urwiener” handelte.

Der Patrone persönlich begrüßte sofort wie hier üblich die neuen Gäste und fragt nach ihren Wünschen.

Der eine der älteren Herren antwortete: „I wĂĽ Wirschtln mid Soft, homs des?“

Der Patrone darauf mit schwerem italienischen Akzent: „Signore, wirr ssint eine italienische Ristorante! Habe Pizza, Antipasti, Prosciutto, Cozze. Nixe Wurstel!“

Darauf der Opa: „Kotze? Na seawas! Do wĂĽll i nua wos trinkn!“, und zu seinen Begleitungen: „Wos is, gemma, wonn a grantig is?“

Ja, die liebe Wienerseele ist eben manchmal ein bisserl schwierig. Aber am Ende löste sich natĂĽrlich wie bei uns ĂĽblich alles in Wohlgefallen auf. Die vier wurden mit gemischter Vorspeisenplatte und Pizzaschnitten („oba schorf!“ – nach Opas WĂĽnschen) zufriedengestellt.

Der Patrone hörte sich brav und geduldig alle Italien-G’schichtln an, die die vier je erlebt haben, und dazu gab’s Vino Rosso.

Auf Cozze hat man allerdings bis zum Schluss verzichtet…

© Anton Dobrowsky-Ziegelmayer 2020-12-29

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