von Johannes Perl
Es war das verflixte Jahr 2020. Ich gebe nicht dem Jahr die Schuld, keine Ahnung, was schuld daran war. Eine Zeit lang war das Jahr ja auch gar nicht so schlecht, für mich zumindest. Denn eine Zeit lang war ich glücklich. Sehr sogar. Und daran hatte schon jemand schuld, nämlich sie. Sie war es, die die erste Hälfte des Jahres wunderschön gemacht hat und mich auf Wolke sieben geschossen hat. Ich nenne keinen Namen, diese Person soll anonym bleiben. Freunde, die diese Geschichte lesen, werden sich ohnehin denken können, um wen es geht.
Ich hatte nie wirklich Glück in der Liebe. Wenn man einmal ein Auto gewonnen hat und auch schon manch andere mehr oder weniger brauchbare Preise bei Gewinnspielen, ist das scheinbar so. Dann stimmt wohl der Spruch: „Glück im Spiel, Pech in der Liebe.“ Immer wieder stand mir die Enttäuschung ins Gesicht geschrieben und auch in ihrem Fall rechnete ich fest damit.
Ich war augenblicklich in sie verschossen. Beim ersten „Hallo“ hatte es mich erwischt. Ich konnte mir selbst nicht erklären, warum. Hübsch war sie, ist sie immer noch. Ein Lächeln, das jeden Raum erhellt und Augen, in denen ich mich wohl mehr als nur einmal verloren habe.
Und entgegen meinen Erwartungen schien sich doch etwas zu entwickeln. Stundenlang telefonierten wir, während ich auf Dienstreise war und lieber mit ihr sprach, anstatt drei Stunden im Auto Musik zu hören. Ihre Stimme war mir lieber als jedes noch so gute Lied. Ich erlebte den schönsten Frühsommer meines Lebens und sah alles durch die rosa Brille.
Nach der ersten Krise konnten wir uns zwar noch einigermaßen erfangen, aber den letzten Streit überstanden wir dann doch nicht. Ich gebe auch hier nicht dem verflixten Jahr 2020 die Schuld. Es lag wohl an uns beiden. So sehr die Chemie auch stimmen mochte, das Timing war wohl schlecht, oder etwas anderes führte dazu, dass das mit uns einfach nicht funktionierte.
Ein abruptes Ende war die Folge. Und dieses Ende führte dazu, dass wir nie wieder telefonierten oder uns „Guten-Morgen“-Nachrichten schickten. Auch, wenn diese Nachrichten von ihr mir jeden Tag verschönert haben.
Inzwischen denke ich nur noch selten an sie. Am Anfang hat mich der Gedanke an sie traurig gemacht. Ich vermisse sie zwar immer noch, kann aber inzwischen schon ein wenig mit einem lachenden Auge auf unsere gemeinsame Zeit, so kurz sie auch war, zurückblicken. Die große Liebe war es nicht, auch wenn ich das gedacht habe. Aber wer weiß, das Jahr hat noch vier Wochen, vielleicht hält dieses Jahr noch eine Überraschung bereit.
© Johannes Perl 2020-12-07