von Helga M. Stadler
„Klein, aber fein“, könnte als perfektes Motto für meinen heißgeliebten Balkon herhalten! Ich glaube, er ist einer der kleinsten der Welt, etwa nur 1,5 qm groß, hat gerade genügend Platz für einen Klappsessel, bisschen Grünzeug und paar Küchenkräuter. Obwohl Kräuter gibt’s seit Jahren nimmer, die waren nicht wirklich „bio“ oder zum Verzehr geeignet, geht der Balkon doch direkt auf die Rossauer Lände im 9ten raus. Also, ich meine wegen Schwermetalle, sauren Regen, Feinstaubproblematik und so …
Für Leute, die am Land mit Haus samt Garten, oder in einer großen Terrassen-Wohnung leben, finden meine Liebe zu einem so kleinen Stückchen Grün vielleicht ein bisschen merkwürdig. Für mich bedeutet das winzige Fleckchen Erde aber einen direkten Zugang zur Natur, zu den Jahreszeiten und ist zudem eine meditative Freizeitbeschäftigung – vom Aussuchen der Pflanzen, ansäen, gießen, bewundern der Blütenpracht, Wechsel der Saison-Pflanzen bis hin zum Überwintern. Und ach, die Freude mit den tierischen Besuchern vom Donaukanal – kleine Vögel, Insekten und die wunderbaren Grashüpfer, Verwandte von Flip …
Im Laufe der Jahre hat sich mein Gärtner-Tatendrang ein wenig abgenutzt. War ich früher noch sehr anspruchsvoll – eine bestimmte Farbgebung, wie Weiß-Gelb oder Pink-Lila, musste her –, reicht es mir heute, wenn es schön bunt aussieht und es sich um möglichst pflegeleichte Pflänzchen handelt. Und nicht nur gutes Augenfutter soll es sein, es muss in jedem Fall gut riechen! Ich mag alles Wohlriechende – bin absoluter Geruchsmensch und so darf es auf der Mini-Loggia nicht an Lavendel, Oleander, Pfingstrosen, Zitronenbäumchen fehlen … Und am schönsten ist natürlich die kleine Auszeit draußen, am Klappsessel mit Kaffee!
Eigentlich gibt’s noch einen zweiten, sogar größeren Balkon, der ist aber seit Jahren verwaist, weil neben Jugendzimmer liegend. Als Tochterkind noch klein war, sollte es diesen pflanzentechnisch betreuen – von wegen Verantwortung und Disziplin –, denn sie wollte unbedingt ein Haustier. Ihr könnt Euch denken, wie das ausging … Es gab weder einen Pflanzendschungel noch ein Pet. Sie ist nun mal keine Grünpflanze, seit Pubertät eher ein Nachtschattengewächs …
Apropos Gewächs: Das bringt mich zu meiner ausgeprägten Hass-Liebe zu Küchenkräutern. Meine Favoriten sind Basilikum, Zitronenmelisse, Rosmarin, Pfefferminze – des großartigen Geruchs wegen und nicht unbedingt zum Würzen. Ich kann es mir nicht erklären, aber ich muss, muss einfach welche in der Küche stehen haben … Leider haben sie in der heimischen Kombüse nur eine Halbwertszeit von 2 Tagen bis maximal 2 Wochen. Egal, ob ich sie ignoriere oder bemuttere – in kürzester Zeit lassen sie alles traurig hängen. Inzwischen werden Wetten abgeschlossen, wie lange die Lebensdauer der Grün-Neuzugänge sein wird, und Tochterkind meint zu meiner ungebrochenen Euphorie „du bist eine hoffnungslose Optimistin!“ Bin ich … eine Kräuterhexe!
Lang lebe Balkonien!
© Helga M. Stadler 2020-07-21