von Ulrike Sammer
Die Hauptstadt Menorcas hat einen wunderschönen Naturhafen, den zweitgröĂten der Welt und den gröĂten im Mittelmeerraum. Das mussten mein Mann und ich uns unbedingt ansehen. Am Stadtrand sahen wir uns aber noch die schneeweiĂe âErmita de la Mare de Deu de Graciaâ an. Die sehr schöne Kapelle aus dem 15.Jh. hat wunderbare Steinmetzarbeiten und viele Votivbilder von in Seenot geratenen Matrosen. Besonders beeindruckte uns aber der groĂe Friedhof mit zahlreichen BegrĂ€bnisnischen in den Mauern. In manche Grabkammern stieg man durch kleine EingĂ€nge am FuĂboden und ĂŒber enge Wendeltreppen hinunter.
Vorbei ging es an dem netten StĂ€dtchen âEs Castellâ, das mit seinem malerischen Hafen einen gewissen Charme ausstrahlte. Als wir einen Parkplatz in Mahon suchten, standen wir zufĂ€llig bei der Anlegestelle eines Catamarans, das einen âspecial sunset tripâ mit Musik und einem Glas Sekt anbot und entschlossen uns spontan zu dieser Hafenrundfahrt. Wir saĂen in der ersten Reihe auf dem Dach und genossen mehr als eine Stunde lang die Rundfahrt und das immer abendlicher werdende Panorama. Wir kamen vorbei bei der Marinestation der EnglĂ€nder aus dem 18. Jh. und an schönen, modernen Villen, sowie an einer vormals englischen Villa (genannt âGolden Farmâ) in schönstem Kolonialstil. Wir fuhren an einigen Inselchen mit QuarantĂ€nestationen fĂŒr die immer wiederkehrenden Seuchen und KrankenhĂ€usern aus mehreren Jahrhunderten, bis wir unter die prĂ€chtig beleuchtete Oberstadt Mahons gelangten und landeten bei der palmengesĂ€umten Treppe, die vom Hafen steil hinauf fĂŒhrte. Die Altstadt mit dem barocken Rathaus war bereits fĂŒr eine Fiesta in den nĂ€chsten Tagen mit FĂ€hnchen und ĂŒberlebensgroĂen Figuren vorbereitet. Das Stadtbild prĂ€gen zahlreiche JugendstilpalĂ€ste und ein britisches Flair â immerhin waren es die EnglĂ€nder, die Mahon zur Hauptstadt der Insel ernannten. Die Iglesia Santa Maria beeindruckte uns mit ihrer prachtvollen Orgel.
Der Aufschwung der Stadt begann unter der Herrschaft der Briten im 18. Jahrhundert. Die gesamte Architektur der Stadt ist stark durch die EnglÀnder beeinflusst. Enge Gassen schlÀngeln sich durch das verwinkelte Zentrum. So vereint Mahon englischen Stil mit mediterraner AtmosphÀre.
Als wir von unserem stimmungsvollen Abendessen aufstanden und langsam zum Auto gingen, merkten wir, dass es rundherum heftigst wetterleuchtete. Wir waren noch nicht weit gefahren, als es urplötzlich schlagartig zu schĂŒtten begann. Wir kamen mitten in ein uns entgegen kommendes tropisches Gewitter, wobei die herab stĂŒrzenden Wassermassen uns jede Sicht nahmen. Wir tasteten uns an den StraĂenrand heran und mussten dort einige Zeit stehen bleiben. Ringsum gab es die grellsten Blitze, die wir je gesehen hatten. Sobald es irgendwie ging, fuhren wir langsam weiter und freuten uns, gesund zu Hause anzukommen. Vom Zimmer aus konnten wir noch das schaurig-schöne Wetterleuchten ĂŒber dem Meer beobachten.
© Ulrike Sammer 2022-03-13