Die hohe Geistlichkeit

Walter Weinberg

von Walter Weinberg

Story

Am 24. 1. wurde wie jedes Jahr das Franz von Sales Fest gefeiert. Da Dachsberg zum Salesianer Orden gehört, war das der höchste Feiertag. Da das Fest heuer auf einen Sonntag fiel, wurde der Festgottesdienst von Bischof Maximilian zelebriert. Jeden Sonntag brachte ich viele Lebensmittel von zuhause mit, die ich in der Kühlbox im Speisesaal verstaute. Da ich diesmal sehr spät dran war, nahm ich mein ganzes Proviant in den Festgottesdienst mit.

Danach marschierte ich damit durch den Festsaal Richtung Speisesaal. Plötzlich standen der Bischof und Pater Angleitner vor mir. Der Bischof erkannte mich sofort wieder und war sehr freundlich zu mir. Pater Angleitner war meine Anwesenheit zutiefst zuwider. Er meinte schroff: „Was machst Du noch hier? Du sollst ins Bett gehen!“ Der Berger aus der achten Klasse kam auch zufällig vorbei. Pater Angleitner meinte zum Bischof: „Das ist unser bester Schüler in Dachsberg. Er hat lauter Einser im Zeugnis!“ Ich nutzte die Ablenkung und ergriff die Flucht.

Am nächsten Tag spielte in der Kirche wegen des Festes ein Kammermusik-Orchester. Zu diesem Konzert waren die Bewohner der Umgebung und unsere Eltern eingeladen. Anscheinend blieben die Gäste großteils aus, da fünf Minuten vor Beginn noch genügend Platz in der Kirche war. Ich wollte gerade mit Guido die Stiege zur Kirche hinunter gehen, als uns Pater Angleitner stoppte: „Wieso geht Ihr hier runter? Dort sitzen die Erwachsenen. Ihr sollt Euch in den Chor setzen!“ Ich erwiderte: „Es ist ja noch soviel frei da unten!“ Er wollte uns nicht passieren lassen! Ich sagte zu Guido: „Komm, Gehen wir runter! Ist ja egal was der sagt!“ Guido wollte gar nicht mehr unten sitzen und wir nahmen doch im Chor Platz.

Am nächsten Tag traf Guido in der Schule am Gang auf Pater Angleitner, der ihn aufhielt: „Ich hab noch ein Hühnchen mit Walter zu rupfen. Das kannst Du ihm sagen!“ Als mir Guido davon berichtete, dachte ich nicht, dass es was Ernstes sein könnte. Trotzdem war ich neugierig, was der Pater mir zu sagen hatte. Er kam aber nie auf mich zu, um sein Hühnchen mit mir zu rupfen!

Die Woche darauf hatte Angleitner Aufsicht beim Schlafengehen. Als ich schon im Bett lag, polterte er los: „Was da vorige Woche vorm Konzert vorgefallen ist, hat mir überhaupt nicht gefallen! Das war eine Frechheit von Dir! Wenn ich Euch sage, Ihr dürft nicht hinunter, dann dürft Ihr nicht! Das kann ich Dir gleich sagen, solche Schüler wie Dich brauchen wir hier nicht! So eine Frechheit! Nein, solche Schüler können wir in Dachsberg wirklich nicht gebrauchen!“ Da hatte ich mir wieder einmal nichts Gutes getan. Zumindest bekam ich keine Strafe. Aber es war schon seltsam, wie oft ich in diesem Schuljahr mit meinen Präfekten in Konflikt kam.

Pater Prinz verkündete im Religionsunterricht: „Der Prinz ist ein Trottel!“ Wir mussten alle herzlich lachen. Aber er meinte den Sänger „Prince“, wegen seiner Schminke und Aufmachung. Er spielte absichtlich mit der Namensgleichheit und sein Scherz war gelungen!

© Walter Weinberg 2020-09-25

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