von Hanna_Soleila
Als Kinder streben wir danach, die Welt zu begreifen und zu erfassen. Wir entdecken, erleben, lachen, lieben und wollen so werden wie die Großen, die wir bewundern und die in unseren Augen perfekt sind.
Doch ist das Perfekte nur eine Fassade, hinter der „die Großen“ es vorziehen, sich zu verstecken? Wollen sie tunlichst vermeiden, ihre Fehler einzusehen, über diese zu reden und zu ihnen zu stehen? Ein Grund hierfür könnte sein, dass Fehler-machen dazu führt, angreifbar und somit verletzlich zu sein. Wenn man zum Beispiel in seinem Job einen Fehler macht, kann man gekündigt werden, je nachdem, wie gravierend dieser ist und was für ein Mensch sein Chef ist. Bedeuten Fehler in einer immer hektischeren, kritischeren, erfolgsorientierten Welt Schwäche? Droht schwachen Menschen der Ausschluss aus der Gesellschaft? Haben daher immer mehr Menschen Angst, zu scheitern und zum Außenseiter zu werden? Dabei ist es doch natürlich, dass einem im Stress des Alltags etwas schiefgeht und auch Scheitern gehört zum Leben dazu. Nur wer scheitert, kann dazulernen und ist das Leben nicht ein Prozess des Lernens? Etwas wieder geradezubiegen, ist eine unvermeidbare, wichtige Erfahrung des Lebens.
Blickt man in jungen Jahren um sich herum, entdeckt man viele, vermeintlich glanzvolle Lebensgeschichten. Als Kind hältst du den Schein für die Wahrheit. Täuschen die Erwachsenen uns bewusst vor, dass ihr Leben so schön ist und auch stürmische Zeiten ihnen nichts anhaben können? Wollen sie uns so die Existenzangst nehmen oder ihre Autorität wahren? Schaffen die Erwachsenen, denen es am meisten bedeutet, über den Dingen zu stehen, es am wenigsten, authentisch zu sein? Wie reagieren Kinder darauf, dass alles so glorreich wirkt? Haben sie dadurch erhöhte Angst, etwas nicht zu schaffen?
Wie vielen gelingt es, ihre Träume in die Welt draußen zu tragen, ohne Angst zu haben, zu versagen in dem, was sie tun? Die meisten haben zumindest einmal im Leben eine sehr unzufriedene Phase, in der sie am liebsten alles hinschmeißen würden, in der sie an sich zweifeln oder keinen Sinn mehr sehen, entweder in bestimmten Dingen oder im kompletten Leben. Diese Krisensituationen zu meistern, indem man sich auf sich zurückbesinnt, aufs Wesentliche konzentriert, beschränkt oder Prioritäten setzt, ist enorm wichtig für die Persönlichkeitsentwicklung und den Prozess der Selbstfindung.
Nichts im Leben läuft so reibungslos, wie es nach außen den Anschein hat. Daher braucht ein jeder eine gewisse Disziplin, um sich den Hindernissen, die ihm den Weg zu einem erfüllten Leben versperren, oder den Abgründen, die sich auftun und ihn mitunter zu verschlingen drohen, entgegenzustellen.
Doch kaum jemand steht dazu und offenbart den anderen um sich herum, wie viel Mühe es ihn kostet, standhaft zu bleiben und nicht umzuknicken, wie die abgebrochene Blume, welche vom Wind des Lebens umgepustet wurde und nun droht, zu verwelken. Selten spricht man darüber. In der Regel gibt es auf schmerzliche Fragen bloß abweisende oder geflunkerte Antworten, die dazu dienen, sich zu schützen und Fehler zu vertuschen.
© Hanna_Soleila 2024-07-18