von Hannes Stuber
[1997] Mit Beatrix, einer Freundin, war ich im Februar von Wien nach Bangkok geflogen. Als wir das Flughafengebäude verließen, traf uns die Wucht der tropischen Hitze wie ein Keulenschlag. Mit dem Zug fuhren wir in den Süden Thailands, nach Surat Thani. Den halben Tag und die ganze schwüle Nacht hindurch ratterten wir an endlosen Reisfeldern vorbei.
Surat Thanis asiatische Lebendigkeit faszinierte mich. Die Fähre nach Koh Samui war so gut besucht, dass ich mich innerlich bereits auf den touristischen Overkill einstellte. Wir mieteten einen kleinen Bungalow in der Chaweng Bay und tags darauf eine Thai-Vespa, mit der wir die Insel umrundeten. In einer Hotelbar an der Maenam Bay kauften wir Thai Sticks. Das thailändische Marihuana war hochgradig psychedelisch.
Das touristische Koh Samui lag mir nicht, darum wollte ich für einige Tage auf die kleinere Nachbarinsel fahren. Beatrix blieb lieber in Chaweng. Ich nahm die Fähre nach Koh Phangan und dort ein Zimmer in einem kleinen Hotel und mietete sofort eine Moto-Cross-Maschine. Ohne Helm, Handschuhe oder Stiefel fuhr ich los. In der kleinen Bucht von Thong Lang im Norden aß ich zu Mittag und genoss die Idylle des verträumten Fischerhafens. Danach drehte ich mir eine Hanfzigarette. Die Thaisticks, getarnt in einem Tabakpackerl, hatte ich mitgenommen.
Ein verlassener Ort mit Bambushütten, auf den ich zufällig stieß, nannte sich Paradise Hotel. Er befand sich in der Nähe eines Wasserfalls und war verwahrlost und verschmutzt. Danach fuhr ich auf einer langen Schotterpiste durch das Innere der Insel, durch den Dschungel in Richtung Haad Rin Bay, wo die Vollmondfeste stattfanden. Plötzlich stand mitten im Wald ein Militärjeep am Rand der Piste, fünf junge Soldaten mit Maschinenpistolen daneben.
Ganz und gar nicht freundlich, taxierten sie mich. Mein Rucksack wurde auf den Tank der Maschine gelegt, geöffnet und der Inhalt Stück für Stück durchsucht. Mitten drin lag das Tabakpackerl mit dem Marihuana. Als die Übersicht chaotisch wurde, weil die Soldaten die durchsuchten Teile im Rucksack nach hinten schoben, nahm ich diese Dinge und legte sie auf den Sitz. Sie sahen mir zu, wie ich vor ihren Augen auch das Hanfpackerl nahm und zum durchsuchten Teil legte. Die fünf schwitzenden frustrierten Soldaten, die mich umstanden, registrierten es nicht. Es war verdammt heiß, viel mehr in ihren Uniformen. Am Schluss stocherten sie im Rest einer Pizza herum, sehr an den Pilzen interessiert, ob das die halluzinogenen wären oder nicht. Nachdem alles wieder in den Rucksack gepackt war, hob ich jovial die Hand und fuhr ab. Sie blickten böse drein und schwitzten.
Wenige Minuten später, kurz vor einer Brücke, richtete sich plötzlich eine Kobra vor mir auf. Ich erstarrte für eine Sekunde … sah die sich erhobene Brillenschlange einen Meter neben mir auf der Schotterpiste … und war schon vorbei. Die Schlange hatte sich gesonnt und war erschrocken, wie ich auch. Zum Glück lag sie gegen den Pistenrand hin, während ich in der Mitte fuhr. Ziemlich erledigt und mit weichen Knien, stieg ich in Haad Rin von der Maschine und genehmigte mir erst einmal zwei Tassen starken Kaffees.
© Hannes Stuber 2019-09-18