von Yaso eyc
Hallo Freunde, mein Name ist Yasemin. Das ist die türkische Variante dieses persischen Namens. Ich bin 29 Jahre alt. Meine Familie ist aus der Region Refahiye in Erzincan. Laut dem myheritage DNA-Test meines Vaters könnte es stimmen, dass unsere Wurzeln aus Dersim und der Region Chorasan im Iran sind. Ich bin Kurdin, aber ich habe die kurdische Sprache nicht von meinen Eltern beigebracht bekommen, als ich klein war. Das ist eine große Leere in meinem Leben, der ich mir mit der Zeit immer bewusster werde. Manchmal möchte ich Texte auf Kurdisch schreiben. Denn sie ist im Moment nicht nur eine Fremdsprache für mich, die ich schön finde, sondern wenn ich auf Kurdisch schreibe, merke ich, dass ich ordentlicher schreibe, weil ich auf dem Papier weniger Fehler machen möchte. Denn ich stelle mir vor, dass ich es gewohnt bin, sauber und sicher auf Kurdisch zu schreiben, weil sie meine eigentliche Muttersprache ist (wobei ich in meinem Falle das Wort Vatersprache oder Herkunftssprache/Familiensprache besser finde, weil meine Mutter es auch beigebracht bekommen hat und nur mein Vater Kurdisch sprechen kann). Ich schreibe manchmal meine Gedanken auf Deutsch auf und lasse sie von Google Translate ins Kurdische übersetzen. Diese Sätze lese ich mir laut vor, teste mich, ob ich ein paar Worte weiß. Dann schreibe ich sie in mein Notizbuch ab. Dabei motiviert es mich, einige Wörter zu verstehen, ohne sie nachschlagen zu müssen. Jedes Mal frage ich mich, ob ich dieselben Worte gewählt hätte, die mir der Übersetzer anzeigt? Wahrscheinlich nicht. Denn es gibt viele Variationen von Wörtern, die dieselbe Bedeutung haben. Im Dezember 2020 habe ich damit angefangen, die kurdische Sprache mit der Hilfe von Liedern, dem Fernsehen (Zarok TV, TRT Kurde und Rudaw Tv) und den YouTube-Videos von einer Lehrerin namens Mizgin Yalcin aus der Türkei (Kurdî Online) zu lernen. Mein Papa hat einmal gesagt, dass das Kurdisch, das er von seinen Eltern beigebracht bekommen hat, anders war als das, das ich lerne. Ich zeigte ihm meine Notizen aus dem online-Unterricht und ihm fielen immer wieder andere Wörter ein, um ein Wort noch zu benennen. Seitdem habe ich die Idee für ein umfangreiches Videoprojekt bekommen. Angefangen von den Regionen der Türkei, in denen überwiegend kurdische Menschen leben und ihre Sprache öfter sprechen, würde ich gerne von Dorf zu Dorf reisen und Interviews mit den Menschen führen, um die sprachlichen Unterschiede und Gemeinsamkeiten mit all ihren Dialekten herauszufinden und in einer Dokumentation so wie in einem Buch festzuhalten. Dafür brauche ich natürlich SpezialistInnen in meinem Team, die Kurdisch bereits beherrschen und auf diesem Gebiet forschen. Wenn ich mit den anderen kurdischen Studierenden bin, dann fühle ich mich ab und zu wie eine neugierige Person. Eine Fremde vielleicht, die kurdisch aussieht, aber so gut wie keine Sprachkenntnisse hat. Ich habe den alevitischen Glauben. Mein Volk erlebte eine doppelte Assimilation. Unsere Vorfahren hörten auf, ihre Sprache, die verboten war, zu sprechen, leugneten ihre wahre Zugehörigkeit, praktizierten ihren Glauben im Verborgenen, wanderten in den Westen der Türkei, nach Europa und überall aus und verloren ihre Identität in der Fremde.
© Yaso eyc 2025-06-22