von Hedwig Kromer
Trat ich heute vor die Tür, sapperlot, was sah ich da? Zwei Schlittenhunde tanzten flott vorbei – Cha Cha Cha! Also die beiden Huskys sind im zügigen Trab, nicht im Tanzschritt unterwegs. Da ich die Hunde des Dorfes kenne weiß ich, dass die beiden nicht von hier sind. Ich kenne auch die Jägerschaft, deswegen schrillen bei mir die Alarmglocken.
Was mach‘ ich nur? Mein Eindruck ist, dass die Hunde zielstrebig unterwegs sind, bloß wohin? Was soll ich jetzt zielstrebig tun? Wie ein geölter Blitz sause ich ins Haus, reiße die Kühlschranktüre auf und schnappe die ganze Kranzlextra. So ein Glück, dass sie da drinnen liegt! Im gestreckten Galopp geht es wieder hinaus auf die rückwärtige Straße.
Ja, da laufen die Huskys! Sie haben Richtung und Tempo beibehalten und so kann ich die beiden Hunde leicht einholen. Ungefähr 4 m bevor ich sie erreiche, bremse ich mich ein und rufe freundlich: „Hallo, ihr Hübschen!“ Interessiert bleiben sie stehen. Ich rede ihnen gut zu und nähere mich ihnen. „Schaut, was ich da hab‘.“, „Mmmh, da gibt‘ s was Feines!“ Meine Worte verfehlen nicht ihre Wirkung. Der Duft der Knacker auch nicht. Ich reiße kleine Stückchen herunter und reiche sie ihnen. Mit weiteren Häppchen locke ich die Hunde zu unserem Schupfen. Tür auf, noch ein paar Leckerbissen und sie sind drinnen! Schnell die Türe schließen und aufatmen.
Mein Anruf bei der Gendarmerie (so lange ist das her!) in Poysdorf ist umsonst, da diese nicht für Falkenstein zuständig ist. Also schildere ich die Begebenheit ein zweites Mal, diesmal dem Beamten in Drasenhofen. Er nimmt alles auf und verspricht sich zu melden, sobald eine Verlustanzeige eingegangen wäre. Schon nach einer Stunde läutet das Telefon. Der Besitzer der Schlittenhunde ist aus Herrenbaumgarten. Dort, im „Verruckten Dorf“, ist unter anderem das einzigartige Nonseum beheimatet. Der Verein zur Verwertung von Gedankenüberschüssen zeigt in dessen Räumen grenzgeniale Erfindungen. Als Beispiele seien der ausrollbare Zebrastreifen und (mein Liebling) die Sitzungsbrille genannt. Auf ihren Gläsern sind offene Augen aufgemalt. Dahinter kann man eine langweilige Sitzung selig verschlummern! Ganz besondere Termine in diesem weinviertler Dorf sind Schneckenwettrennen oder der Einzelsockenwandertag. Jedenfalls informiert mich der Gendarm, dass Herr X bereits auf dem Weg zu mir ist. Soo schnell hätte das nicht sein müssen! Damals hatten wir noch keinen eigenen Hund und ich genoss die nette Gesellschaft.
Herr X ist sehr erleichtert seine beiden Ausreißer wohlbehalten übernehmen zu können. Ein wenig plaudern wir und er erzählt, dass die rote Hündin läufig ist. In diesem liebestollen Zustand hat sie sich unter dem Zaun durchgegraben. Ihre Gefährtin ist natürlich auch unten durch und dann sind sie losgezogen. Wer weiß, wieviele Kilometer sie gemacht haben, Luftlinie sind es ungefähr acht. Ob Herr X seine Hunde vor den Schlitten spannt, habe ich ihn nicht gefragt. Eine gute Kondition dürften seine Mädels haben!
© Hedwig Kromer 2025-03-04