Ein Besuch im Tiergarten war für unsere Kinder ein besonderes Erlebnis. Faszinierend fand meine Tochter die Giraffen mit ihrem langen Hals, die Elefanten, die ihren Rüssel als Dusche benutzten, und die Löwen, die sie aus einem Bilderbuch kannte. Das Bild, auf dem ein Löwenkind aus einem Fluss trank, gefiel ihr am besten. Also ließ ich in meiner Geschichte eine Löwenfamilie auf Wassersuche gehen.
Die Löwen – Papa, Mama und die beiden Löwenkinder – erwachten. Sie gingen von ihrem Schlafplatz unter einem Baum zu ihrem Wasserloch, um zu trinken. Aber das Wasserloch war ausgetrocknet! „Wir müssen ein anderes Wasserloch finden“, sagte der Löwenpapa. Sie machten sich auf den Weg und kamen an mehreren Wasserlöchern vorbei. Alle waren trocken.
Da sahen sie eine Giraffe. Die Löwenmama fragte: „Liebe Giraffe, du bist groß und hast einen langen Hals. Siehst du irgendwo Wasser?“ Die Giraffe schaute sich um und antwortete: „Nein, ich sehe keines. Aber heute Früh habe ich aus dem Wasserloch am Ende des langen Hügels getrunken, da war noch ein bisschen Wasser drinnen.“ Die Löwen gingen weiter, bis sie das Ende des Hügels erreichten. Das Wasserloch war trocken. „Ich habe Durst“, klagte das Löwenmädchen.
„Wir müssen weitersuchen!“, rief der Löwenpapa. Aber nirgends war Wasser. „Dort vorne steht ein Elefant. Vielleicht kennt er ein Wasserloch mit viel Wasser. Elefanten duschen sich ja gern mit ihrem Rüssel“, sagte die Löwenmama. Sie fragte den Elefanten. „An der tiefsten Stelle des Tals dort drüben ist ein großes Wasserloch“, sagte er. Die Löwen wanderten bis zur tiefsten Stelle des Tals, aber da war nur Schlamm. Die Sonne stand schon hoch am Himmel, und es war furchtbar heiß. „Ich kann nicht mehr weitergehen“, klagte der Löwenbub.
„Kommt, sonst verdursten wir!“, rief der Löwenpapa. Langsam schlichen die Löwen weiter. Auf einem dürren Baum saß ein Vogel. „Lieber Vogel, meine Kinder brauchen dringend Wasser. Kannst du schauen, wo es eines gibt?“, bat die Löwenmutter. Der Vogel flog eine große Runde. Dann sagte er: „Alle Wasserlöcher sind ausgetrocknet. Nur der Fluss hat noch Wasser.“ Schritt für Schritt schleppten sich die Löwen weiter.
Endlich erreichten sie den Fluss. Drinnen stand ein Nilpferd, das Wasser reichte ihm nur mehr bis zum Bauch. Gierig tranken die Löwen, bis sie keinen Durst mehr hatten. Dann gingen sie den langen Weg zurück zu ihrem Platz unter dem Baum und schliefen sofort ein.
Am nächsten Tag in der Früh erwachte die Löwenfamilie. „Müssen wir wieder bis zum Fluss gehen?“, fragte der Löwenbub. „Ich glaube nicht“, antwortete die Löwenmama und schaute zum Himmel. Dort waren große graue Wolken. Es begann zu regnen! Als es wieder aufgehört hatte, tranken die Löwen aus ihrem Wasserloch. Die Giraffe trank aus dem Wasserloch am Ende des Hügels. Der Elefant spritzte sich im Wasserloch im Tal mit dem Rüssel nass. Und vom Nilpferd im Fluss schauten nur noch die Nasenlöcher aus dem Wasser.
© Zwischen_den_Zeilen 2023-01-22