Die Luft schmeckt nach Honig

Alexandra Porcu

von Alexandra Porcu

Story
2022

Ich war vor einigen Stunden einkaufen. Es hat so lange gedauert, weil ich ungefähr 17 Minuten vor diesem Regal stand.

Ich bin heiser, kann seit anderthalb Tagen nicht sprechen, beziehungsweise entspricht meine Stimme einem Duett von Rod Stewart mit Joe Cocker.

Alle haben es bemerkt und mir natürlich gute Tipps gegeben. Resümee der Angelegenheit ist, dass ich wahrscheinlich in meinem ganzen Leben nicht so oft das Wort “Honig” gehört habe, wie in den letzten Tagen. Ich habe auch noch nie über Honig nachgedacht und bin immer völlig selbstverständlich am Honig-Regal vorbeigelaufen. Die Wahrheit ist: Ich finde Honig extrem überbewertet. Darf man aber gar nicht allzu laut sagen.

Ich habe also festgestellt, dass man womöglich meine Freunde in Honig und Nicht-Honig einteilen kann. Gibt halt diejenigen, die immer Honig im Haus haben. Ich wusste allerdings nicht, dass ich Freunde habe, die eine komplette Gesichts-Entgleisung bekommen, wenn du ihnen sagst, dass du keinen Honig im Hause hast. Sie gucken dich an, als hättest du gerade gesagt, du wolltest die Cousine ihres Großonkels von einem Quastenflosser penetrieren lassen. Ja! Genau so, wie du gerade guckst.

Und dann gibt es womöglich diejenigen, die irgendwann einmal Honig gekauft haben und dieser in einem Schrank in ihrer Küche vor sich dahin vegetiert. „Wird ja nicht schlecht das Zeug“, sagte mir einer dieser Freunde. Sie haben es halt im Haus, benutzen es aber nicht, außer eben, wenn sie krank sind. Für gewöhnlich bemerken sie genau dann, dass der Honig schon seit Jahren dort steht und sie ihn bei ihrem Einzug gekauft haben.

Oder sie überlegen, wer ihnen diesen Honig geschenkt hat. Vor 4 Jahren? Vor 6 Jahren? Eine Freundin von mir sagte, sie bekäme Honig immer und dauernd geschenkt. „Dein Ernst?“ Ganz ehrlich, ich möchte nicht, dass jemand nur ansatzweise auf die Idee käme, mir Honig zu schenken.

Jedenfalls habe ich mich dem heute gestellt. Seitdem ich alleine wohne, habe ich noch nie Honig gekauft. Ich hatte mal welchen im Haus, weil meine Mutter ihn für ihren Tee oder sonst was mitgebracht hatte, zum Backen oder so und vergessen hat, und dann beim nächsten Mal wieder mitgenommen hat. In der Zeit habe ich ihn nur zwei Freundinnen angeboten, weil ich keinen Zucker im Haus hatte … und sie den Honig sahen. Ich habe nie über Honig nachgedacht. Bis heute. 17 geschlagene Minuten, die Zeit auf Google eingerechnet.

Ende vom Lied: Ich habe einen biologischen, italienischen Kastanienblüten-Honig gekauft. 300 Gramm für knapp 7 Euro. Den teuersten also. Ich dachte mir, wennschon, dennschon. Heute lassen wir die Honig-Party steigen bis die Luft danach riecht.

Ich, ganz allein zu Hause mit „Rigoni di Asiago“, hört sich eigentlich ganz sexy an. Haltbar bis 02/08/2025 … Überlegt mal, das sind knapp drei Jahre. Bis dahin werde ich das Glas so oft von a) nach b) geschoben haben, dass man das Verfallsdatum gar nicht mehr erkennen können wird.

© Alexandra Porcu 2022-11-20