von Ulrike Nikolai
Mir ist das Gendern völlig schnuppe. Ich schreibe so, wie ich will, lasse mir keine Sprech- und Schreibvorschriften machen. Wenn mir gerade danach ist, dann schreibe ich Leser-innen oder Leser/innen oder im generischen Maskulinum auch Leser, manchmal auch Leser und Leserinnen. Da bin ich ganz flexibel. Ich lache auch oft über Entgleisungen des Genderns, wenn zum Beispiel jemand auf die Idee kommt, die allgemeingültige Bezeichnung Mitglied geschlechtsspezifisch zu differenzieren und von Mitgliedinnen oder gar Mitgliederinnen zu sprechen. Solche Sachen machen mich lachen. Mit Glied innen … hm … gibt es das überhaupt? Klingt ziemlich verwachsen. Arme Kreatur!
Nun las ich allerdings in einem Roman einen Satz, der mich nachdenklich machte. Wenn schon gendern, dann bitte auch konsequent. Da ist von einem Mädchen die Rede, die sich die Haare fönt. Die? Die Mädchen? Duden schreibt das Mädchen. Na gut, das ist mir hier und dort schon begegnet, dass man der Sachlage gerecht werden möchte, dass ein Mädchen ein Kind mit weiblichem Geschlecht ist. Daher wird schon mal das Relativpronomen das zu einem die.
Wer aber ist eigentlich auf die Idee gekommen, einem weiblichen Kind das Attribut eines Neutrums zuzuordnen? Noch schlimmer: Es als verkleinerte Made anzusehen! Wie demütigend!
Wie ist es denn im Vergleich dazu bei den Jungen? Ein Junge. Ist männlich. Der Junge. Der Junge wird zum Mann. Der Mann. Sehr gut überlegt: Ein Junge ist ein noch sehr junger Mann.
Und das Mädchen? Ist es oder sie eine sehr kleine Made???
Wer hat sich das ausgedacht?
Vielleicht haben damals, als ich noch Kind war, schon manche netten Erwachsenen das Problem umschifft, indem sie mich lächelnd ansprachen mit: „Na, kleines Frollein?“ Aber auch das ist ja wieder klein, nein, noch kleiner als klein. Denn ein Fräulein leidet ja schon unter Verkleinerung.
Und? Was für Vorschläge würdest du denn machen? höre ich jetzt einige fragen. Hmm … da muss ich mal überlegen. Ein gleichberechtigter Name – geschlechtsspezifisch:
der Junge – die Alte
Aber nein!!!
der Knabe – die Dirne
An was denke ich jetzt? Das geht ja gaar nicht!
ES GIBT NICHTS!
Doch: der Kleine – die Kleine = Kinder auf Augenhöhe.
Eine Kleine saß auf der Schaukel und sinnierte … und kam zu keiner Lösung. Wie DÄMLICH! Ist das nicht HERRLICH?
© Ulrike Nikolai 2024-05-08