von Gabriele Koubek
Bei uns im östlichen Weinviertel, entlang der March, prägt die Kopfweide das Augebiet. Das unverwechselbare Aussehen der Bäume verleiht der Landschaft Eigenart und Schönheit. Diese hölzerne Pflanze kann über hundert Jahre alt werden. Sie steht in enger Verbindung mit dem Wasser und dem Mond und ist ein Baum des Zaubers und der Magie. Die alten knorrigen Bäume inspirierten und inspirieren zahlreiche Lyriker und Maler.
Viele Geschichten über mystische Gestalten wie Feen, Hexen und Kobolde umgeben die Weiden.
Für mich strahlen sie etwas Kraftvolles aus. Wenn man sich mit ihnen verbindet, scheint nichts mehr unmöglich und nichts ist wie es scheint.
Die Alten sagen, dass man den Baumgeistern seine Krankheiten übergeben kann. Daher wird die Weide auch Hexenbaum genannt. Das wiederum machte im Mittelalter alle Frauen, die sich in seiner Nähe aufhielten, verdächtig mit den dunklen Mächten in Kontakt zu sein.
Wir wissen, wie das für die Frauen ausging.
Nymphen tanzen gerne des Nachts bei Vollmond um die Weiden. Wenn schöne junge Mädchen zur falschen Zeit in eine hole Weide steigen, kommen sie als hässliche alte Hexen wieder heraus.
Das wurde bis heute weder bestätigt noch dementiert.
Die Furcht vor den knorrigen Bäumen kann man verstehen, wenn man sie im Mondlicht oder durch den Morgennebel betrachtet. Mit etwas Fantasie verwandeln sie sich in Monster mit spitzen Klauen und mit tausend Augen und mit weit abstehenden Haaren die wie lange Speere in den Himmel ragen.
Heute weiß man, dass die Weidenrinde gegen Erkältungen und gegen Schmerzen hilft. Sogar die Schulmedizin setzt den Wirkstoff Salicin als Salicylsäure in Aspirin ein.
Früher wurde aus getrockneter Rinde ein Tee aufgebrüht:
Man schneide etwas Rinde koche diese mit kaltem Wasser auf, dann 5 Minuten ziehen lassen und fertig ist das natürliche Aspirin!
Im Alter wird die Kopfweide ökologisch immer wertvoller, wenn sie aufgrund von Faulstellen oder Astbrüchen verschiedene Baumhöhlen gebildet hat. Viele Tiere siedeln sich dort an. Fledermäuse, Schmetterlinge, Käfer, Ameisen, Bienen und viele Vögel fühlen sich in diesem Lebensraum wohl.
Die Kopfweide symbolisiert Ewigkeit, da sie sich fortlaufend erneuert. Sie steht für Ausgeglichenheit und innere Ruhe. Seelische Verletzungen finden Heilung und sie schenkt uns Trost und lässt wieder Freude aufkommen.
Ich mag diese bizarren Geschöpfe in unserer Au.
© Gabriele Koubek 2022-09-09