Die mit dem langen Namen

Estefania Requena de Kusper

von Estefania Requena de Kusper

Story

„Wie bitte? Können Sie es wiederholen?“. Bevor diese Frage ins Spiel kommt, bin ich gleich beim Buchstabieren. Nach ein paar Sekunden fragen sie verwundert: „Oh, ist das Spanisch?“. Ich antworte höflich mit einem Ja und mit dem Argument: ,,Bei uns ist es normal, zwei Vor- und zwei Nachnamen zu haben“. Was in mehreren Ländern Lateinamerikas und in Spanien gewöhnlich ist, wirkt hier in Österreich kompliziert. Da das Tippen und Ausfüllen beider Vor-und Nachnamen in der Regel mehr Zeit verlangen, wartete ich jedes Mal – sei es bei Behörden oder am Telefon – geduldig und nachdenklich. „Warum habe ich so einen langen Namen?“ dachte ich mir. Und „Wie machen dann Leute mit exotischeren Namen, die noch länger als meiner sind, kaum Vokale haben oder mit Sonderzeichen?“. Vielleicht war es naiv von mir zu denken, dass jeder die spanische Sprache gleich erkennen würde.

Vor einigen Jahrhunderten war es anscheinend für die Adeligen nicht schlecht, lange Namen und/oder Titeln zu besitzen. Aber im 21. Jahrhundert, wenn wir alles schneller erledigen möchten? Als ich heiratete war es spannend zu sehen, wie manche Leute auf meinem neuen Namen reagierten. Einerseits Neugier und Begeisterung, andererseits Zweifel und Langeweile. Wir Menschen beurteilen manchmal einen Anderen lediglich durch seinen Namen (oder Herkunft). Aber warum? Sollten wir nicht lieber die Taten einer anderen Person ernst nehmen statt mit der Ausprache oder mit der Rechtschreibung ihres Namen zu kämpfen? In der Werbebranche spielen ein gut ausgesuchter Name plus eine kreative Idee eine wichtige Rolle. Durch Assoziationen merken wir uns Dinge normalerweise viel leichter. Das macht Sinn, wenn man sich in einer Gruppe vorstellt. Kennt ihr das Gefühl, die erwähnten Namen binnen ein paar Minuten nach der Vorstellungsrunde vergessen zu haben? Namen sind abstrakte Konzepte, darum braucht unser Gedächtnis ein bisschen Unterstützung, z.B. Julian wie Juli, Maria wie meine Kollegin u.a. Ich erwarte aber nicht, dass man sich meinen Namen merkt, bin aber dankbar, wenn man sich mehr für meine Person interessiert. Ich gebe es zu, ich schreibe nur meinen ganzen Namen, wenn es wirklich nötig ist. Heutzutage bleiben einige Menschen lieber anonym oder entscheiden sich für Künstlernamen und schaffen damit sogar eine neue Identität. Der Kreativität sind keine Grenzen gesetzt.

Man kann sich vielleicht nicht genug mit dem Thema „Namen“ auseinandersetzten als werdende Eltern. Im unseren Fall war es leichter, denn es gibt nicht viele männliche Namen, die auf Deutsch und Spanisch gleich ausgesprochen werden. „Ein Vorname passt, aber bitte zwei Familiennamen“ war mein Wunsch für unser Kind. Mit Bindestrich inklusive. Eines Tages werde ich wahrscheinlich in der Schule meines Sohnes als die Mutter, die mit dem langen Namen, identifiziert. Im Vergleich zu einer Freundin von mir mit drei Familiennamen ist meine Situation echt harmlos…

© Estefania Requena de Kusper 2020-04-09

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