von Laura Elisa
#ĂĽberleben #strategie #mensch sein
Michelle liegt auf ihrer mit bunten Polstern ausgelegten Couch im Wohnzimmer. Sie hat sich mit einer olivgrünen Decke zugedeckt. Plötzlich erstarrt sie. Apathisch blickt sie auf die weiße Decke.
Eine Welt wie diese. WO bin ich da? WER bin ich da? Wer sind diese MENSCHEN?
Sie sind fremd für mich. Sie sind anders. Wo bin ich hier gelandet? Ich kann sie nicht verstehen. Sie sprechen eine Sprache. Anders. Ich verstehe so vieles nicht. Ich beobachte. Ich höre zu und möchte verstehen. Ich versuche mich mitzuteilen. Ich rede in meiner Sprache. Ich drücke mich so aus, wie ich bin.
Ich rufe mal: „Hallo?”
Sie sehen mich an. Ich werde korrigiert, belächelt und angespuckt. Verwirrung … Was habe ich gesagt? Was habe ich getan? Sie verstehen mich nicht! Ich verstehe sie nicht! Sie können mich nicht erkennen. Sie sehen mich nicht, wer ich wirklich bin.
Sie sehen nur das, was sie sehen wollen.
Ich spüre Neid, ich erlebe Missgunst. Ich erfahre Unloyalität. Macht man das hier so? Soll ich auch so tun?
Ich bin mutig. Ich kann das schaffen! Ich versuche es … oh, ja … plötzlich werde ich gesehen. Jetzt bin ich so wie sie. Wie schön!
Diese Strategie „Reden wie die meisten, denken wie die wenigsten”, lässt mich bestehen, das lässt mich hier als MENSCH überleben. Auf dieser eigenartigen Welt, mit eigenartigen Menschen.
Es tut weh, so vieles anders zu erleben. Ich mache die Augen zu. Ich kann diesen Schmerz nicht ertragen. Ich will ihn nicht sehen!
Dort wo ich herkomme, ist es schön. Dort gibt es viele Blumen. Alles ist bunt. Alle sind fröhlich. Dort ist es lustig. Dort fliegen Schmetterlinge. Ganz fein und zart. Sie fliegen von Blume zu Blume. Sie tragen etwas weiter. Etwas Schönes. Es sind die Sonnenstrahlen. Sie wärmen, sie geben Geborgenheit. Sie bringen Licht in die Dunkelheit. Ihre Wesen sind schön. Sie strahlen. Kannst du sie sehen?
Und wo bin ich? Ich muss mich hier anpassen. Ich muss das tun, was andere machen. Ich soll denken wie sie. Ich soll handeln wie sie. Ich soll stark sein. Funktionieren. Und am besten, es allen recht machen.
Ich fĂĽhle mich getrieben. Ich muss ĂĽberleben. Ich muss sie bestehen, diese Mutprobe.
Ich blinzle. Ich fĂĽhle mich nicht wohl. Ich bin kraftlos. Was ist los mit mir?
Ich spĂĽre und erkenne. Es tut mir nicht gut, mich anzupassen.
Michelle schnappt sich einen der Polster und wirft ihn zornig in Richtung Fenster. Sie dreht sich um und vergräbt ihr Gesicht tief in ihre Decke.
© Laura Elisa 2021-03-18