Juni ist der Monat der Rosen, überall blühen sie jetzt in augenfälligster Schönheit. Worte können den Duft und den Zauber einer Rose nicht wiedergeben. Man kann die Farben beschreiben, aber wie soll man jenen Übergang von einem Farbton in den nächsten in Worte fassen, wie die sanfte Biegung und Wölbung eines Rosenblattes, sodass das Licht sich in den Schatten wendet und man für die neue Farbe einen neuen Namen finden müsste?
Und Rosenduft macht einen glauben, man könnte den Windhauch, der ihn trägt, mit allen Sinnen sehen. Einen Duft zu beschreiben ist am schwersten, denn man kann nur Vergleiche ziehen. Etwas duftet wie Orange oder Himbeere, Lavendel oder Honig. Wie aber duftet eine Rose? Wie eine Rose eben, will ich antworten. Und doch ist das zu wenig, denn der Duft der Rosen ist nicht gleich. Rosen duften wie Rosen, gleich und doch verschieden, schwer und süß, leicht und frisch, oder stark und herb, manche intensiv, direkt und andauernd, andere zögerlich, als wollten sie nur wenig geben. Doch das Eigentliche, nur dem Rosenduft Innewohnende, jenes Spezifische, das uns ahnen lässt, dass es nur eine Rose sein kann, die hier duftet, auch wenn wir es nicht sehen, kann man nicht benennen, nicht vergleichen und in langen Katalogen von Beschreibungen nicht finden. Das Wesen des Rosenduftes ist unbenennbar, es ist eben nur die Rose und nichts als die Rose. Einzigartig, unvergleichbar und somit unnennbar. Eine Rose ist eine Rose und das ist es.
Der Mensch gibt den Rosen einen Namen, vielleicht auch, um etwas von ihrem Zauber erfassen zu können. Die Rosen tragen schöne Namen oder auch die Namen von Menschen, die man ehren will, indem man eine Rose nach ihnen benennt. Rosen heißen Schwanensee, Schneewittchen und Schneeflocke, Tahiti, Tiffany und Träumerei, Mainauduft und Märchenkönigin. Geehrt durch eine Rose, die ihren Namen trägt, wurden Catherine Deneuve und Erika Pluhar, Ingrid Bergmann und Maria Theresia, Sophia Loren, Steffi Graf und selbstverständlich Queen Elizabeth und viele andere. Auch nach Männern wurden Rosen benannt, und so heißen sie jetzt John F. Kennedy, Konrad Adenauer, Shakespeare, Rubens und Michelangelo.
Wie man allerdings dazu kommt, eine Rose Radar, Rittertum oder Fragezeichen zu nennen, erschließt sich mir nicht, da steckt wohl jeweils eine ganz eigene Geschichte dahinter. Das größte Rätsel aber ist für mich eine Rose namens Aspirin. Ich kann nur vermuten, dass die Firma, die Aspirin erzeugt, möglicherweise etwas mit der Finanzierung ihrer Züchtung zu tun hat. Vielleicht hilft der Duft dieser Rose ja auch gegen Kopfschmerzen.
Das lässt mich gleichzeitig fürchten, es könnten Rosen auftauchen, die den Namen anderer Medikamente tragen, beispielsweise Viagra. Dabei würde mutmaßlich so eine Rose, zur rechten Zeit und an der rechten Stelle, die Verwendung von Viagra in vielen Fällen überflüssig machen. Man sollte vielleicht aber, um die wahre Absicht zu verschleiern, den Namen der Rose nicht erwähnen.
© 2022-06-09