von Johannes H.
Es ist Feiertag! ZurĂĽck in meiner Studienzeit waren oft die Wochentage einfach Feiertag, dieser Begriff bezieht sich nicht auf einen speziellen Tag im Kalender, sondern einfach auf Tage, an denen wir feiern gingen. Also, Feiertag. Oder wie normale Menschen sagen wĂĽrden: Donnerstag.
Bereits vom Nachmittag gut betankt, stehe ich zusammen mit meinen Freunden in der Warteschlange fĂĽr das Mensafest an der Uni. Die Leute vor und hinter uns hatten wohl ein ähnliches Tagesprogramm, es war zu hören und zu sehen, dass die allgemeine Stimmung sehr ausgelassen war. Jede Gruppe hatte fĂĽr die Wartezeit ihre eigenen Getränke mitgebracht, die morgen wiedereinmal die MĂĽlleimer auf dem Weg zur Uni fĂĽllen wĂĽrden. Wir haben neben Weg-Bier auch kleine Jägermeisterflaschen fĂĽr uns und die umliegenden Menschen dabei.Neben mir stand Alex, der – sinnbildlich gesprochen – Teufelchen und Teufelchen auf meinen Schultern war. Das eine Teufelchen spricht Blödsinn ins Ohr und das andere ĂĽbertrumpft diesen noch. Und meine Ohren waren sehr empfänglich fĂĽr diese Art von Blödsinn.
So holt Alex eine Handvoll Jägermeisterfläschchen heraus und gibt jedem 2. 2 Fläschchen sind der Code dafĂĽr, man muss ein Mädchen in der Umgebung finden, die mit trinkt. Ich drehe mich um und sehe ein Mädchen mit rot-braun gelockten Haaren, groĂźen Augen und sage: „Du siehst aus als hättest du einen harten Tag gehabt! Hier, trink mit. Gegen die Sorgen!“. Wir trinken und beginnen zu reden.
Sie heißt Simone, studiert Wirtschaft (ein Klassiker) und ist 22. Als sie mich nach meinen Namen fragt, antworte ich, sie soll raten und hat 3 Versuche. Sie sagt 3 Namen und der letzte ist tatsächlich meiner. Die anderen beiden sind die Namen von meinen Brüdern. Völlig ratlos sehe ich sie an und frage sie, ob wir uns schon kennen. “Nein, sonst hätte ich nicht nach deinem Namen gefragt?!”, sagt sie mir und lacht. Ich bin einfach nur baff. In meinem betrunkenen Zustand sehe ich das als Zeichen und erzähle ihr das auch.
Das ist das Letzte, woran ich mich erinnere, als ich am nächsten Morgen die Augen in meinem Schlafzimmer öffne. Keine Simone zu sehen. Auch sonst niemand. Mit aller Gedankenkraft strenge ich mich an, mich an den letzten Abend zu erinnern und mir fällt nur ein, dass wir uns noch geküsst hatten.
Die Checks auf Social Media bringen nichts, keine neuen Freunde oder Nachrichten. Auch im Telefonbuch oder Anrufverlauf finde ich keine Hinweise. So ein Mist, das ist wiedermal typisch. Genauso wenig ertragreich ist mein Gespräch mit Alex, wir hatten anscheinend beide einen witzigen Abend, von dem keiner mehr etwas weiß. Er erinnert sich nur noch daran, dass ich ihm beim Vorstellen von Simone erzählt habe, dass ich sie heiraten werde.
Bin ratlos. Wie finde ich sie? Hat sie meine Nummer? Der Tag vergeht, keine Nachricht.
Am Abend schießt es mir durch den Kopf: “Sie heiraten”! Ich sehe nochmal ins Telefonbuch und da ist ihre Nummer, eingespeichert unter meinem Nachnamen. Na klar! Weil sie mich ja heiratet!
© Johannes H. 2022-05-10