von Katharina Benz
„Glücksorte in Karlsruhe“ – dieses Buch mit dem hübschen Titel „Fahr hin und werd glücklich“ liegt schon seit letztem Sommer auf meinem Wohnzimmertisch. Es gibt sogar eine Liste mit all den kleinen Reisevorhaben, mit all den unbekannten Ortsnamen in der Umgebung. Doch mein Kalender und meine Kamera sehnen sich vielmehr nach großartigen Geschichten, nach dem Urlaub mit Freunden im Elsass, nach dem Abenteuer auf Island, nach der außergewöhnlichsten Eiscreme. Ein Blick in das kleine Buch – er fällt auf diese unscheinbare Pappelallee. Alleine der Name „Pappelallee“ hat mich neugierig gemacht. Ich denke an mein Fahrrad, mit welchem noch bis vor einigen Jahren meine liebe Omi gefahren ist. Und dann ging es auch schon los -raus aufs Rad in Richtung Appellallee. So wurde ich entführt in die Wälder der Umgebung, auf steinigen Wegen, auf einfachen Straßen. Mein Fahrrad hat geklappert -es ist wohl etwas eingerostet. Vielleicht sogar ein Spiegel meiner selbst. Die Sonne hat mich gekitzelt, der Duft nach Wald berührt, der Wind auf der Haut hat mir den Geschmack geschenkt, den ich vermisst habe – ohne das ich es wusste. Dies ist der Geschmack einer kleinen Reise. Eine Reise, nicht in die große weite Welt mit all den Abenteuern. Ich dachte immer, das Fahrrad sei lediglich perfekt für die Fahrt zum Bahnhof, wo mein Zug zum täglichen Pendeln auf mich wartet. Nach einer Strecke über Stock und Stein, an Künstlerhäusern und Blumenwiesen vorbei, um endlich das Bild der Pappelallee, einem der Glücksorte in Karlsruhe, genießen zu können. Die Pappeln rufen Erinnerungen wach: An gute Geister, die im Wind tanzen. Weg von all den großen Reisen hin zur Pappellallee, die nach Geschichten schreiben ruft. Im Ort Hohenwettersbach, der sich im ersten Moment verstaubt anhört. Der mich auf den zweiten Blick ganz friedlich macht. Mir ein Gefühl verleiht, das mir innerlichen Halt gibt. Wenn wir doch alle so beisammen stehen könnten in diesen Zeiten, wie diese Pappelallee. Einfach den Wind annehmen wie und woher er gerade ankommt. Wie wir uns auf unseren Wurzeln vertrauen und einfach geerdet sind. Ich kann die schönsten Bilder machen und den Moment festhalten. Und doch würde ein kleiner Film, eine kleine Geschichte viel mehr über diesen Moment erzählen. Denn wir können die Bewegung der Pappeln beschreiben und sehen. Und so wird doch eines deutlich: Wir sind im Fluss. Immer. Und zugleich brauchen wir genau diese Wurzeln, die Verbindung zu unserer Herkunft. Auf dem Rückweg ging es bergabwärts. Ich wusste nicht, dass ich mit dem klapprigen Fahrrad meiner Omi freihändig fahren kann. Ich wagte es und es hat tatsächlich geklappt. Zuhause beim Schreiben meiner Pappelgeschichte kam mir der Gedanke, dass ich für einen kurzen Moment war, wie eine kleine Pappel. Verwurzelt mit dem Fahrrad meiner Omi, meiner Herkunft und gleichzeitig voller Freiheit und Beweglichkeit – wie meine tanzenden Arme im Wind. Danke Pappellalle, ein wahrer Glücksort – vielmehr ein Glücksweg.
© Katharina Benz 2020-04-13