von Tamara Hoheneder
… falsch! Bei dieser Story geht’s nicht um jene auf der Erbse, obwohl ich gestehe, dass ich hin und wieder als solche bezeichnet werde. Das ist eine andere Geschichte.
Heute erzähle ich von der, die einmal auf der Wand im Wohnzimmer meines Elternhauses zu sehen war. Und zwar in Überlebensgröße. Zumindest für mich, als damals etwa 4-5-jähriges Mädl.
Eine Anekdote aus meiner Kindheit, die mir mit dieser Werbung, die im Moment läuft, wieder eingefallen ist: Ein kleines Mädchen steht mit Farbtopf und Pinsel im Wohnzimmer und bemalt in aller Seelenruhe die gesamte Einrichtung. Die Kleine gefällt mir, nur der (Fernseh-)Papa ist doch total unrealistisch. Oder? Mal ehrlich, wer wäre im wahren Leben bei diesem Dilemma tatsächlich noch so gut drauf?
Meine Mutter jedenfalls nicht. Das weiß ich allerdings nur aus zweiter Hand. Denn es war meine 7 Jahre ältere Schwester, die mir ewig vorhielt, dass sie wegen meinem Kunstwerk angeblich eine Ohrfeige abgefangen hat. Ich selbst kann mich daran ja nicht erinnern. An das Ergebnis auf der Wand jedoch sehr wohl. Hat sich in mein Hirn gebrannt. Wunderschön war sie meine Prinzessin. Der Kopf zwar ein bisschen zu klein geraten, aber das Kleid … !
Ich glaube, dass sich mein Faible für große Bilder damals schon abgezeichnet hat. Vor allem Kunstwerke an Häusern oder Wänden sind immer noch genau meins. Als mein Liebster und ich vor einigen Jahren auf Sardinien das Städtchen Orgosolo mit seinen Murals besuchten, flippte ich fast aus. Im Graffitihimmel angekommen sozusagen.
Kunst oder Geschmiere? Graffiti ist nicht jedermanns/fraus Sache und sorgt dementsprechend auch immer für Kontroversen. Ich finde aber, die Welt ist viel zu grau und ein Statement ist es allemal. Meeeeensch – wenn ich mich je wirklich getraut hätte im öffentlichen Raum. Wer weiß? Am Ende wäre noch ein(e?) Banksy aus mir geworden?
Einzig bei einem Urlaub in Kroatien nahm ich mal meinen ganzen Mut zusammen. Da machte ich mich mit Pinsel und Farbe an einem Felsblock am Strand zu schaffen. Ich hoffe, dass meine Kreation noch ein paar Jährchen hält, bevor Salzwasser und -Luft ihr den Garaus macht und nicht so schnell verschwindet wie meine Prinzessin unter der neuen Tapete damals.
Seither habe ich keine Schandtaten mehr begangen. Meine ungebremste Lust auf Streetart beschränke ich manchmal auf Malereien mit Straßenkreide. Gemeinsam mit meiner zweieinhalbjährigen Enkelin macht’s übrigens doppelt Spaß. Wie talentiert sie schon ist. Hat sie eindeutig von mir.
Da fällt mir jetzt ein: Vielleicht sollte ich ihre Eltern beizeiten mal daran erinnern, alle Farbeimer und Pinsel gut zu versperren? Bei Kindern weiß man ja nie.
© Tamara Hoheneder 2022-01-09