von Ingo Drzewiecki
Im Jahre 1934 taucht in den Einwohnerverzeichnissen der Stadt Hildesheim erstmals die Putzmacherin Anni Drzewiecki auf. Sie lebt dabei im gleichen Haus wie der Maler Albert Drzewiecki, welcher wiederum ein Bruder meines Großvaters Ferdinand ist. Die genaue Familienverbindung ist zu diesem Zeitpunkt allerdings noch nicht eindeutig geklärt. Wann wurde diese Anni wohl geboren? Wer war die Elisabeth Drzewiecki, welche im gleichen Haus sogar auf der gleichen Etage oder gar Wohnung, lebte? Und wie kam sie zu dem Beruf Putzmacherin? Putzmacher fertigten dabei in erster Linie Hüte für die weibliche Kundschaft an.
In den folgenden Jahren taucht Anni weiter auf, dabei ändert sich ihre Anschrift mehrfach. 1951 wird sie nicht mehr als Anni Drzewiecki erwähnt, sondern mit ihrem offenbar richtigen Vornamen Anna. In den Jahren danach verschwindet sie dann aus den Verzeichnissen. Die Familienverbindungen bleiben weiter unklar. Eine der wenigen aus dieser Zeit noch lebenden Verwandten ist unter anderem meine Tante. Sie war damals Kind und konnte sich nur daran erinnern, dass diese Anni immer sehr fein gekleidet gewesen sein soll.
Ich versuchte durch einfache Ausschlussverfahren herauszubekommen, wie Anni mit anderen in ihrem Umfeld auftauchenden in familiären Verbindungen stehen mochte. Doch am Ende blieben es nur Vermutungen ohne Belege. So erschien es am logischsten, dass es sich bei dem Maler Albert um ihren Vater handeln müsste, die Elisabeth eher ihre Schwester. Zudem ging ich aufgrund der ersten Erwähnung in den Einwohnerverzeichnissen von einer Geburt zwischen 1900 und 1910 aus. Und was war nach 1951? Hatte sie geheiratet? War sie verstorben? Oder einfach nur verzogen?
Im Jahr 2022 erhielt ich dann als Kommentar in meinem Blog zu meiner Familienforschung einen weiteren Hinweis. So erwähnte der Schreiber, dass er (Jahrgang 1958) die Anni sogar persönlich gekannt hat. Nach seinen Erinnerungen soll sie später Haushälterin bei einem katholischen Pfarrer in einen bei Hildesheim liegenden Ortes namens Wöhle gewesen sein. Später soll Anni dann in einer Seniorenwohnanlage in Hildesheim gelebt und dann auch dort gestorben sein.
Der erste Ansatz bei meinem nächsten Besuch im Stadtarchiv bezog sich nochmals auf die Namenslisten zu den Geburten. Aufgrund der gesetzlichen Sperrfristen sind in Deutschland Geburtseinträge erst nach 110 Jahren Archivgut. Aber ich hatte Glück, ich konnte sie finden und es stellte sich heraus, dass sie die Vornamen Katharina Anna erhalten hatte und am 12. Oktober 1911 in Hildesheim als Tochter des Malers Albert Karl Drzewiecki und dessen Ehefrau Jenny Laura Elisabeth geb. Wittenberg geboren wurde. Ein zusätzlicher Eintrag nannte mir dann zudem ihren Todestag, welches der 22. Dezember 1992 in Hildesheim war. Erstaunlich dabei, dass dieses zu einer Zeit war, als ich bereits 25 Jahre alt war, aber diese Anni nie bewusst erlebt habe.
© Ingo Drzewiecki 2024-01-28