Fisch kann tödlich sein. Wir kennen das vom japanischen Fugu. Nur wenigen Meistern ist es vorbehalten den giftigen Kugelfisch, bei dem nur ein kleiner Teil genießbar ist, zu einer wohlschmeckenden Mahlzeit zuzubereiten. Aber auch aus Monty Pythons Meisterwerk “Der Sinn des Lebens” wissen wir, dass eine Lachsschaumspeise mehrere Mitglieder einer feinen Gesellschaft dahinraffen kann.
Nun, diese Story endet nicht tödlich. So viel sei gespoilert. Dennoch ist etwas in uns gestorben. Mit “Uns” meine ich meine Freundin Elke und mich. Nach einer mehrstündigen Tour durch den IKEA haben wir uns dazu entschlossen bei der Landzeit in St. Valentin einzukehren. Shoppen macht hungrig. Der Plan schien im Vorhinein wirklich genial. Elke konnte das Salatbuffet plündern, ich würde einen Burger inhalieren. So weit, so gut.
Wir gaben unsere Bestellungen auf und Elke steuerte schnurstracks auf die Salate zu, um diverse Dinge auf ihrem Teller zu schichten. Ein Statiker wäre vor Neid erblasst. Als sie wieder zurückkam, brachte der Kellner auch schon meinen Burger. Wir wünschten uns einen guten Appetit und kurz darauf folgte des Dramas erster Akt. Meine Liebste führte die erste Gabel zum Mund, kaute und erstarrte. In ihrem Blick lag das Grauen, der Horror, der vollkommene Ekel. Tapfer würgte sie dennoch den Bissen hinunter. Dann folgte ein langgezogenes, verzweifeltes Wäääh!
Der cremig-herzhafte Krautsalat mit Äpfeln war in Wirklichkeit ein gut getarnter Heringssalat. Und Elke hasst Heringssalat. Generell ist Fisch, wenn nicht dick in Fett paniert, nicht auf ihrem Speiseplan zu finden. Elke ekelt. “Bitte iss den. Großräumig. Bitte!”, flehte sie mich an. Und als guter Freund tut man wie geheißen. Denn ich habe mit Fisch kein Problem.
Während sie von meinen Pommes naschte, verschlang ich den, eigentlich gar nicht so schlechten, Heringssalat. Als das Tellergebiet großräumig gesäubert war, übergab ich ihr ihren Teller wieder und wir aßen halbwegs zufrieden unsere Gerichte auf, zahlten und fuhren nach Hause.
Doch am Abend. Des Dramas zweiter Teil. Ich liege auf dem Bett und ächze. Sodbrennen bis in den Hals hinauf. Die Luft bleibt mir weg. Mein Hals fühlt sich an wie bei einer Angina. Ab und zu ein kleines Bäuerchen. In meinem Mund der Geschmack von saurem Hering. Meine Freundin will mir helfen. Keine Chance. Ich fahre nach Hause, da meine Freundin früh raus muss. Zuhause spricht der Hering weiterhin deutlich aus meinem Magen zu mir. Er rächt sich brutal. Kurz die Überlegung einen Fernet zu trinken. Aber beim Gedanken Feuer mit Feuer zu bekämpfen, gruselt es mich. Mein Vater hat die Idee. Kamillentee. Das kann man versuchen. Und siehe da, nach der zweiten Tasse ist der Hering bekämpft. Mild ertränkt in Kamille. Ich schreibe Elke eine kurze Nachricht mit der freudigen Botschaft. Wir sind beide froh, dass der Hering nun Ruhe gibt. Und auch um eine Erkenntnis reicher. Wenn wir mal zusammenleben, kommt uns kein Hering auf den Tisch. Fix nicht!
© Florian Hauenschild 2023-02-16