von Sabine Steinhoff
Rosalie war eine Prinzessin. Schon als kleines Mädchen begann sie damit, Rosen zu pflanzen. Mehr und mehr verwandelte sie den königlichen Garten zu einem Blumenmeer aus herrlichem Duft und prachtvollen Farben. Mensch und Tier kamen von nah und fern, um sich an diesem Anblick zu erfreuen. Rosalie war ein ganz besonderer Mensch, genau wie ihr Garten ein ganz besonderer Ort war, voller Frieden und Freude.
Eines Tages kam eine Armee von Blattläusen am Garten vorbei. Der betörende Rosenblütenduft zog sie magisch an. Da es bereits dämmerte, beschlossen die Soldaten zu bleiben. Auch sie empfing Prinzessin Rosalie fürstlich. Am nächsten Morgen beschloss der General der Blattläuse, den Rosengarten zu erobern. Ein Bote wurde entsandt, der das ganze Blattläusevolk zum Rosengarten führen sollte. Sein Volk brauchte Platz und Nahrung, denn wo sie lebten, da gab es nur noch kahl gefressene Stängel. Hier würden sie alles haben, was sie brauchten. Was nutzte den Blattläusen Respekt, Höflichkeit und Verzicht gegenüber dieser tollen Prinzessin, wenn sie in Hunger und Trostlosigkeit leben mussten? Nach wenigen Tagen kamen die Blattläuse. Tausende hungrige Schädlinge fielen über die schönen Rosen her. Obwohl sie selbst von der Schönheit überwältigt waren, konnten sie dennoch nicht anders, als sie zu zerstören. Der Garten wurde zunehmend unansehnlicher. Nur die verkümmerten Rosenstängel zeugten von vergangenen, prachtvollen Zeiten.
Traurig sah Rosalie aus dem Schlossfenster in den Garten hinab. Gegen die Verwüstung, die die Blattläuse anrichteten, gab es einfach nichts, was sie hätte tun können, um diese Zerstörungswut aufzuhalten. Eine Armee hatte sie nicht. Sie war von Herzen mild und gutmütig. Es lag ihr fern, in den Kampf zu ziehen. Sie weinte still vor sich hin. Rosalie war müde. Mit ihrem Rosengarten war auch all ihre Energie gegangen. Sie zog die Vorhänge vor den Fenstern zu, um das alles nicht mehr sehen zu müssen und legte sich einfach ins Bett. Sie wollte nur noch träumen. Träumen von ihrem schönen Garten, den sie einst zum Leben erweckt hatte.
Eines Morgens kam zufällig Fritz, ein stattlicher Marienkäfer, vorbeigeflogen. Er hatte von dem Rosengarten gehört und war erschüttert, als er all das sah. Fritz war ein Haudegen. Er hatte viele Freunde und ihr Hobby war die Haltung von Blattläusen! Sofort beschloss er einzuschreiten. Ohne zu zögern flog er weiter und organisierte ein Team Marienkäfer-Cowboys. Am nächsten Morgen kreisten sie die Blattläuse ein und fingen sie mit ihren Lassos, um sie dann auf ihre Farmen auf der anderen Seite des Waldes zu bringen.
Danach überbrachten die Marienkäfer der Rosenprinzessin die frohe Kunde. Der Rosengarten war ein Trümmerfeld, aber nun konnte Rosalie den Rosengarten wieder aufbauen. Als sie das hörte, war sie sehr glücklich. Ihre alte Energie kam schnell wieder. Sie hatte nun neue Freunde, die fortan den Rosengarten überwachten, damit so ein Unglück nie wieder passieren konnte.
© Sabine Steinhoff 2021-05-24