Die Sache mit dem Glas

Mein halbes Leben lang wusste ich nichts von dem Geheimnis des Bierglases. Als Dorfkind ist man ohnehin den Anblick von Männern mit Bierflaschen gewohnt. Gläser sind was für Etepetete-Menschen und verursachen nur mehr Abwasch als man benötigt. Natürlich trug auch die Band Illegal 2001 mit ihrem Lied „Dosenbier macht schlau“ dazu bei, dass die Bierdose sich großer Beliebtheit erfreute.

In Belgien hingegen ist es eher ein Fauxpas, Bier aus der Flasche zu trinken. Jede Brauerei hat ihr eigenes Bierglas und hier wird Bier in einem Restaurant oder einer Bar nur serviert, wenn ein Glas der jeweiligen Brauerei vorhanden ist, daher sind hier die Brauereien nicht nur in der Pflicht, ihre Gläser zur Verfügung zu stellen, sondern auch durch den zu erzielenden Umsatz stark daran interessiert.

Für mich gab es Weizenbiergläser und Biertulpen, Humpen und Pint-Gläser. Dass Weizenbiergläser einen wirklichen Sinn haben, habe ich erst gelernt, als ich in einer Disco hinter dem Tresen stand. Doch während meiner Ausbildung zum Biersommelier gab es ein eigenes Modul für Gläser. Ich muss zugeben, es war das Modul, das mich am Skeptischsten machte, doch dann ließ ich mich auf das Experiment ein und testete ein normales Pils aus verschiedenen Gläsern und siehe da, das Glas macht doch einen Unterschied.

Während die meisten industriell hergestellten Biere in Deutschland auch dafür geeignet sein sollen, aus der Flasche getrunken zu werden, ist dies in anderen Ländern und insbesondere bei Craftbieren nicht der Fall. Besonders interessant finde ich nicht nur die verschiedenen Gläser, sondern auch die Entwicklung eines solchen Glases. Eine Brauerei, die ein sehr gutes Bier herstellt und viel Liebe in die Entwicklung steckt, wird dies entsprechend bei der Auswahl des Glases berücksichtigen. Immer mehr Brauereien scheinen sich nicht auf die Standardgläser zu verlassen, sondern mit Glasherstellern zusammenzuarbeiten, um das optimale Glas für ihr Bier zu entwickeln. Natürlich sorgt dieses zuhause für große Schränke, wenn man sich nicht auf ein Bier festlegen möchte, doch in einem Restaurant macht es schon einen professionellen Eindruck, wenn das Bier in seinem eigenen Glas serviert wird und nicht in irgendeinem Glas.