Die Sage von Romulus und Remus

Ulrike Sammer

von Ulrike Sammer

Story

Ein neuer Tag in Rom. Die FĂĽĂźe, die vom Kopfsteinpflaster strapaziert sind, haben sich einigermaĂźen erholt. Aber die vielen EindrĂĽcke sind nicht alle in meinen Ganglien angekommen. Welches Futter wird heute mein Gehirn bekommen?

Die Liste der sehenswerten Häuser, Denkmäler und Museen Roms ist fast unüberschaubar. Die Stadt gehört zum Weltkulturerbe der UNESCO. Zahlreiche Monumente aus der Antike, die vielen Kirchen und Brunnen reihen sich dicht an dicht in der Altstadt. Hier gibt es die höchste Konzentration an archäologischen Stätten weltweit.

Rom beherbergt als eine der großen Kulturstädte Europas zahlreiche Denkmäler von der Zeit der Etrusker, aber wesentlich umfangreicher sind die Hinterlassenschaften aus der Epoche des Römischen Reiches. Sie liegen alle links des Tiber.

Einer der schönsten Plätze, den mein Mann und ich an diesem Tag betraten, ist der von Michelangelo gestaltete Kapitolsplatz. Den Platz ziert ein riesiger Stern, auf dessen Mittelpunkt das Reiterstandbild des Kaisers Marc Aurel steht. Umrahmt ist der Platz von Palästen, die heute als Museum dienen oder der Sitz des Bürgermeisters von Rom ist. Vor dem Senatorenpalast versuchen noch immer die beiden Zwillings-Babys Romulus und Remus, die ausgesetzt wurden, an die Zitzen der Wölfin, die sie errettete, heranzukommen. Erwachsen geworden, beschlossen die Brüder eine Stadt zu gründen. Diese sollte nach dem benannt werden, über dessen Hügel mehr Vögel fliegen. Und das war Romulus. Hügelabwärts zieht sich eine von Michelangelo entworfenen Treppen- und Brunnenanlage. Diese wunderschöne Kulisse wird gerne für Fotos von Brautpaaren benützt.

Sehr interessant fanden wir die Reste eines alten jüdischen Ghettos. Es war ein abgeschlossener Bereich, in dem die Juden der Stadt seit 1555 zu wohnen verpflichtet waren. Es liegt zwischen dem Kapitol und der Tiberinsel. Der Papst gewährte den von anderswo vertriebenen Juden in Rom das Wohnrecht. Hohe Mauern mit zunächst nur zwei Toren, die nachts verschlossen wurden, umzäunten das Gebiet, das aber sehr bald hoffnungslos überbevölkert war. Jede Ecke in den winkeligen Gassen wurde ausgenützt. Anfang des 19. Jahrhunderts hatte das Ghetto ungefähr 10.000 Einwohner und war damit eines der größten Europas. Aufgelöst wurde es im Jahr 1870 als letztes der westeuropäischen Ghettos. Das Gebäude, in dem sich die fünf Synagogen befanden, wurde zerstört.

Mitten am Tiber gibt es eine kleine bewohnte Insel. Sie wurde bereits 300 v. Chr. aufgrund eines Orakelspruches als Krankenhaus ausgebaut. Auf ihr stand ein Asklepiusheiligtum mit einer Quelle, die jetzt in der Kirche unter dem Altar ist. Die Insel hat die Form eines Schiffes und ist mit weißem Marmor eingefasst. Mein Mann und ich setzten uns ganz vorne, sozusagen auf den Bug und sahen gemächlich dem Wasser zu, wie es entweder links oder rechts an uns vorbei floss. Vor uns lag eine halbe antike Brücke, der andere Teil wurde einst vom Hochwasser mitgerissen.

© Ulrike Sammer 2022-02-17

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