Die Salondame

Beate-Luise

von Beate-Luise

Story

Wir studierten dasselbe Fach, kannten uns aber nur flüchtig aus gemeinsamen Kaffeepausen und ein, zwei Seminaren an der Uni. Sie war ladylike in Vokabular und Aussehen. Immer perfekt, nur scheinbar salopp gestylt, ihr Parfüm roch teuer. Einmal kam K. zu mir in meine Studentenwohnung, um ein Buch auszuleihen. Sie sah sich um und sagte: „Schön hier. In der Küche die kleine Bank da in der Ecke, niedlich.“ Es klang wie eine Floskel aus Höflichkeit, ehe sie sich schnell verabschiedete. Ein paarmal trafen wir uns zufällig im Stadtpark auf einer Wiese, wo wir gemeinsam in der Sonne lagen, beide mit unseren Büchern, die wir nicht anrührten.

Nach dem Studium verloren wir den Kontakt, bis sie mich in Hamburg besuchte. Inzwischen hatten wir beide ein Kind, sie war wieder schwanger. Nach einem gemeinsamen Frühstück, das durchaus angenehm verlief, sagte sie: „Das wirkt alles so lässig, wie du das hier machst, mit dem Kind und so.“ Was wohl ein Kompliment sein sollte, hinterließ bei mir den Nachgeschmack von Herablassung. Wieder hatte ich keine Erklärung für dieses Gefühl.

Es vergingen weitere Jahre, bis ich sie in M. wiedersah, wo sie inzwischen lebte. Sie hatte nach dem Studium nur kurze Zeit gearbeitet und war seitdem Ehefrau und Mutter. Als eine gemeinsame Freundin erkrankte, tauschten wir uns häufig über deren Zustand aus.

Unsere Kinder wurden groß und K. schickte oft Fotos und Filme, die wie Inszenierungen wirkten: Drinks auf dem Tresen vor südlichen Buchten; ihre Töchter bei bemerkenswerten Aufführungen; K. beim Tanzen oder in Ausstellungen mit Promis… Scheinbar eine Bilderbuchfamilie mit sichtlich guten Beziehungen. Es war von Dr. X die Rede, Chefarzt einer Klinik, sowie von bekannten Künstlern und Schauspielern, die im Haus von K. und ihrem Mann verkehrten. Als die beiden mal mit mir und meinem Exmann in Hamburg zum Essen verabredet waren, sagte sie vorher am Telefon: „Ich wusste gar nicht, dass dein Mann so ein hohes Tier ist! Ich hab ihn gegoogelt – er ist ja richtig berühmt!“ Mir war das unangenehm.

Als K. sich für meinen Job interessierte, kam sie nach Hamburg, um bei mir zu hospitieren. Sie schlug beruflich dieselbe Richtung ein, wenn auch mit anderer Zielgruppe: Einzelunterricht in großen Firmen, Banken. Deutlich mehr Glamour. Ich vermittelte ihr einige Kontakte für Online-Unterricht.

Nachdem mein Mann und ich uns getrennt hatten und ich in keiner guten Gemütsverfassung war, spürte ich, dass K. es nicht fancy fand, sich näher mit meiner Niedergeschlagenheit zu befassen. Bei unseren letzten Telefongesprächen, in denen es zunächst um sie ging, begann sie in der Küche zu klappern, sobald die Rede auf meine aktuelle Situation kam: die Trennung, meine kranke Mutter, ein kaum zu stemmender Lehrauftrag. Offenbar bot ich ihr, deprimiert und ohne den vermeintlich einflussreichen Mann an meiner Seite, keinen interessanten Gesprächsstoff mehr. Who knows?

Anfang des Jahres habe ich den Kontakt zu ihr endgültig beendet.

© Beate-Luise 2020-03-20

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