Die Salvataggios von Caorle

Claudia Widder

von Claudia Widder

Story

Salvataggio heisst Lebensretter. Es gibt sie an italienischen StrĂ€nden ĂŒberall. So alt die „Baninos“ , die Badewascheln sind, die in ihren BadehĂ€uschen seit 50 Jahren sitzen und die Meister der Strandbetten und Sonnenschirme sind, so jung sind die Salvataggios in Italien.

Die jungen Salvataggios: Hoch oben auf ihren roten Hochsitzen, dazu passend in roter Montur gekleidet, mit grossem roten Notfallkoffer bestĂŒckt, ist ihr Gesicht starr aufs Handy gerichtet. Sicher lĂ€uft gerade eine gute Serie oder La Mama schreibt, was es abends zum Essen gibt. Das Strandleben funktioniert ohne sie. Ihr Gesicht ist starr auf das Handy gerichtet und ich will mir lieber nicht ausmalen, einen Salvataggio zu brauchen.

Am nĂ€chsten Tag ist Sturmwarnung am Meer und der Strand ist menschenleer. Ein Orkan so stark in der Nacht, dass ich um 3.00 frĂŒh „Caorle. Wetter. Überschwemmung“ google. Nachdem ich nur sachliche Hinweise finde, wie „zuhause bleiben“, beruhige ich mich, und werde irgendwann vom ohrenbetĂ€ubenden Windgeheule wieder in den Schlaf gesungen.

Am Morgen bei meinem tĂ€glichen Morgenspaziergang sehe ich eine Überraschung am Strand: ĂŒber Nacht verwandelten sich alle Salvataggios von MĂ€nnern zu Frauen. Stoisch gelangweilt sitzen die rot gekleideten MĂ€dels in ihren Hochsitzen oder haben es sich auf ihren Rettungsbooten bequem gemacht. Der Wind saust, der Himmel ist dunkel verhangen, und kein einziger Schwimmer ist im aufgewĂŒhlten Wasser. Ich gehe die Reihen sĂ€mtlicher Salavataggios ab. Es bleibt bei den Frauen.

Bei Sturm sind es anscheinend immer die Frauen, die retten mĂŒssen. Nicht nur in Caorle.

© Claudia Widder 2020-11-19

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