von Lucia Laggner
Ich mein, sie ist ein bisschen ĂĽberstrapaziert, diese Formulierung, aber ja, es war a b’soffene G’schicht. Jetzt in dem Sinn auch nicht so betrunken, aber doch genug, um eben damals bei der Verbands-Weihnachtsfeier auf dem Severin Anton sein NachdrĂĽcken und DraufdrĂĽcken und zu späterer Stunde geradezu flehentliches Gelalle hin einzuwilligen, dass er mich auf die Liste schreiben kann. Und irgendwie hab ich mich natĂĽrlich auch geehrt gefĂĽhlt und so, weil er ja mit dem Sailer Toni 1956 in Cortina d’Ampezzo bei Olympia war.
Man muss halt schon sagen, dass damals das Skispringen noch gar nicht lange olympisch und dem Skifahren in der Popularität also Meilenweit hinterher gewesen ist. Aber weil halt der Severin Anton genau so wie der Sailer Anton in KitzbĂĽhel geboren ist, haben sie sich gekannt und nachdem der Sailer Anton neben Gold in der Abfahrt auch noch die Goldene im Slalom geholt hat, war der Severin Anton – kein Kostverächter – mit dabei bei der Siegerfeier. Der Sailer war in den Jahren ja extrem berĂĽhmt, ein Star im Prinzip.
Und ab 1956 hat der Sailer versucht eine Idee durchzuboxen. Nämlich dass, wenn es in Wien schneit und in Schönbrunn genug Schnee liegt, eine kleine Schanze gebaut wird und von der Gloriette weg mit Blick ĂĽber Wien und natĂĽrlich mit Blick aufs Schloss gesprungen wird. Der Sailer Anton wollte mit dieser Idee irgendwie der Romy Schneider imponieren, die er ziemlich verehrt hat und bei den Rennen in KitzbĂĽhel – sie ja auch ein Sternchen am heimischen Promi-Himmel – kennengelernt hatte.
Der Sailer hat gewusst, irgendwie bekommt er das schon hin. Also dass ihm das genehmigt wird, was im nicht besonders sportbegeisterten Wiener Zirkel, durchaus eine Herausforderung war. Man kann sich vorstellen, dass der Kreisky von der Geschichte nichts wissen wollte. Na gut, aber jedenfalls ist es dann doch geglückt, weil der Severin Anton in eine gutbürgerliche Hietzinger Familie eingeheiratet hat, wo der Vater Obmann vom Verein der Hietzinger Schönbrunnfreunde war.
Dass am Ende dann doch auf der Meidlinger Seite gehupft worden ist, ist dem Imperator zu verdanken. Ein unglaublich einflussreicher polnischer Agent, dem die Meidlinger so manches Denkmal gesetzt haben, wie man an der legendären WĂĽrstelbude “Der Imperator” – nur durch die TivolibrĂĽcke vom Schlosseingang getrennt – bis heute bewundern kann. Der Imperator und der Schwiegervater vom Severin Anton hatten eine Rechnung offen, sodass beim ersten ordentlichen Schneefall 1964 dann eben auf der Meidlinger Seite die Schanze präpariert wurde.
Es gibt legendäre Aufnahmen von damals, als der Severin Anton das erste Mal gesprungen ist. Ich mein, da steigt dir die Ganslhaut auf, da werden die Augen feucht.
© Lucia Laggner 2022-08-28