Die Schrecken von Luxor

Story

Schon die Fahrt durch die Oase Kharga, die im Gegensatz zu den anderen Oasen, die wir zuvor besucht hatten, schon fast städtisch wirkt, weil es eine Ampel gibt, gefiel mir nicht, denn ich hatte mich so sehr an die Stille, die Weite und vor allem die Menschenleere der ägyptischen Wüste gewöhnt, dass ich die Rückkehr in so etwas wie eine Zivilisation direkt als Schock empfand. Aber dann kam Luxor.

Plötzlich war alles voller Menschen, voller Autos, Gestank und Geschrei. Zum Besuch des Tals der Könige war leider keine Zeit, wir machten aber eine kleine Fahrt auf dem Nil zu einer Insel, wo Bananen wuchsen, besuchten den berühmten Tempel von Karnak und fuhren, auf Anregung und in Begleitung von zwei Mitreisenden unserer Gruppe, mit einem der kleinen Pferdewägelchen, die überall ihre Dienste anbieten.

Allein das hätten wir uns ersparen sollen, denn es wurde zwar von jenem Mitreisenden, der sich als Orientkenner bezeichnete, ein Preis ausgehandelt, aber trotzdem blieb das Wägelchen bald stehen und der Kutscher behauptete in einer Art Englisch, das Pferd könne ohne Bakschisch nicht weiterfahren. Beim ersten Mal fanden wir das noch lustig und spendierten dem Pferd, oder eher seinem Herrn, etwas, aber bei jedem weiteren Stopp wegen Bakschischmangels wurde es lästiger. Wir weigerten uns und waren froh, als wir dem geschäftstüchtigen Pferd endlich entkamen.

Am späten Nachmittag besuchten wir dann den Basar. Ich bin blond und sehr blass, war aber in einer Touristenmetropole wie Luxor natürlich nicht die einzige Europäerin. Trotzdem kam es mir vor, als hätten die Händler es geradezu auf mich abgesehen.

Scharen von kleinen Buben liefen vor uns her und drehten sich alle fünf Sekunden um, um uns die immer gleichen Gewürzsäckchen anzubieten, die wir schon zehn Mal abgelehnt hatten. Ich wagte bald nicht mehr auch nur zur Seite zu schauen, denn sobald ich meinen Blick auf irgendeinen beliebigen Gegenstand richtete, kam der dazugehörige Ladenbesitzer schon dahergerannt, redete in sämtlichen, ihm rudimentär verfügbaren Sprachen auf uns ein, hielt uns seine Waren unter die Nase und lief uns sogar noch ein Stück weit nach. Und die ständigen Zurufe wie “deutsch Fräulein” oder “Madame from Allemagne” nervten zudem beträchtlich. Ich hätte wirklich manche Dinge gerne angeschaut und auch sehr gerne etwas gekauft, aber das war einfach nicht möglich. Mein Sohn, der sonst die Ruhe in Person ist, stand knapp vor einem Wutanfall, so sehr ärgerte er sich über die unglaubliche Aufdringlichkeit der Händler.

Die Leute müssten doch schon bemerkt haben, dass dieses penetrante Verhalten total kontraproduktiv ist. Obwohl ich natürlich weiß, dass man in manchen Gegenden damit rechnen muss, halte ich solche Bräuche nur schwer aus. Ich war vorher und nachher in anderen Basaren in der Türkei und in Jordanien, wo es ähnlich zuging, aber in Luxor war es mit Abstand am schlimmsten. Zumindest war der Besuch billig, denn ich habe keinen einzigen Piaster ausgegeben.

© 2022-12-02