von Monika Gastgeb
Beim Besuch meiner Freunde in ihrer neuen Wohnung blickte ich aus dem Fenster und merkte, dass auf der anderen Straßenseite ein Fenster weit geöffnet war.
Der Mann dahinter hatte mir den Rücken zugedreht. Er schaute auf ein riesiges Tablet und lachte höhnisch.
Plötzlich drehte er sich zu mir um und ich sah, dass sich das weiße T-Shirt um seine Muskeln spannte.
Sein Sixpack wirkte bedrohlich auf mich.
Im nächsten Moment trafen seine funkelnden Augen auf meine.
Er riss das riesige Tablet in die Höhe und drehte den Bildschirm zu mir, damit ich sehen konnte worüber er gelacht hatte.
In extremer Geschwindigkeit liefen Beiträge ab, die mir Tränen in die Augen trieben.
Ich sah Kinder die hungerten, Tiere die aus Profitgier gequält wurden, Menschen die drohten zu ertrinken und Erdbeben.
Da merkte ich wie mein Körper schwer wurde, so schwer, dass ich kaum noch stehen konnte.
Es wurde viel zu heiß. Ich spürte, dass ich plötzlich viele schwere Nerzpelze über meinen Schultern hängen hatte. Mit einem Ruck riss ich sie zu Boden und rannte hinaus.
Meine Freunde folgten mir. Gleich vor der Türe begann der Wald. Viele Bäume waren schon tot und umgestürzt.
Mein Blick wanderte nach links auf die große Wiese. Zu meiner Überraschung saß dort schon wieder dieser Muskelmann mit seinem weißen T-Shirt.
Er machte Yoga und billigte uns keines Blickes. Darüber war ich sehr froh. Eine große weiße Gans ging auf ihn zu und stupste ihn an als wollte sie gestreichelt werden.
Zuerst war es als würde er sie gar nicht bemerken, doch plötzlich schnellte seine Hand nach vorne und riss ihr brutal einige Federn aus den Flügeln.
Grinsend streichelte er sich damit über sein Gesicht.
Panisch lief die Gans zu uns herüber.
Ich sah, dass sie blutete.
Wir gingen über den weichen Waldboden in Richtung Wasserfall.
Alles war mir so fremd und mysthisch. Manche Bäume hatten ihr Haupt tief zum Boden geneigt und wurden eins mit den Sträuchern darunter.
Ich hatte Angst auf Schlangen zu treten. Meine Freunde ermutigten mich aber weiterzugehen. Wohin gingen wir überhaupt? Ich wusste es nicht.
Ich hörte verschiedenste Geräusche im Dickicht und dachte mir, dass wir von einigen Tieren umgeben waren. Plötzlich waren da überall Nerze. Sie spielten und dabei blickte einer zu mir hoch, mir war als würde sich seine Lebensfreude auf mich übertragen.
Ein rätselhaftes Tier kam unerwartet aus dem Dickicht.
Es sah aus, als sei es eine Mischung aus Krokodil und Riesenechse. Sein Kopf war breit mit dicken Fühlern welche an den Enden Quasten trugen. Ich erstarrte vor Angst. Langsam schlurfte es auf mich zu. Da sah ich, dass es etwas im Maul trug.
Kurz vor mir blieb es stehen, warf mir den Ball aus seinem Maul vor die Füße und wedelte dabei so heftig mit dem Schwanz, dass sein ganzer Körper mitwackelte.
Da erwachte ich zittrig und schweißgebadet.
© Monika Gastgeb 2020-11-09