Die sensible MĂ€nnlichkeit

Angelina Knaak

von Angelina Knaak

Story
Hamburg 2024

Ich möchte dieses Kapitel mit einem Zitat beginnen. Es stammt von einem Mann, mit dem ich ein paar Dates hatte, bis sich dann recht schnell herausstellte, dass wir zu 100 % inkompatibel sind. Das Zitat jedoch belĂ€stigt mich noch immer in meinen Gedanken und lĂ€sst mich ab und an stutzen. Ich habe spĂ€ter mit vielen Menschen, vor allem MĂ€nnern, ĂŒber seine Worte gesprochen, um mir eine zweite und dritte Meinung einzuholen. Ähnlich wie beim Arzt, wenn man sich nicht sicher ist, ob das, was der erste Arzt sagte, wirklich der RealitĂ€t entspricht. 

Aber ich möchte euch nicht lĂ€nger auf die Folter spannen. Dieser Mann klatschte mir folgenden Satz an den Kopf: „Du lĂ€sst mich unmĂ€nnlich fĂŒhlen!“.

Wir waren uns schon zu Beginn unseres sehr kurzen Kennenlernens oft uneinig darĂŒber, wie selbststĂ€ndig und „frei“ eine Frau sein sollte. Diese Diskussion sollte in meinen Augen keine sein, da es nur eine akzeptable Antwort gibt: Jeder Mensch sollte in einer Beziehung genauso selbststĂ€ndig und frei sein, wie er oder sie es braucht/möchte! Punkt! Keine zwei Meinungen. Und doch fand ich mich in einer haarstrĂ€ubenden und völlig absurden Diskussion wieder. Dieses GesprĂ€ch fĂŒhlte sich an, wie eine ungewollte Zeitreise ins Jahr 1860, als Frauen nichts weiter als Bedienstete waren. Ich entschied diesen Mann schnellstmöglich aus meinem Leben zu entfernen. Doch seine Worte blieben.

Er grĂŒndete seine Aussage sich unmĂ€nnlich zu fĂŒhlen darauf, dass ich nicht auf ihn angewiesen bin. Eine hilflose und dumme Frau wĂ€re ihm lieber, da er sich dann gebraucht und mĂ€chtig fĂŒhle. Es wĂŒrde ihm die Rolle des AnfĂŒhrers und Familienoberhauptes zustehen, da er schließlich der Mann sei und somit stĂ€rker. Körperlich, wie auch mental. Bei meinem Versuch ihm sachlich zu erklĂ€ren das ich keine hilflose, unselbststĂ€ndige oder gar mit wenig Intelligenz gesegnete Person sei, schaute er mich nur an wie ein Teletubby. Danach begann er aufzuzĂ€hlen welche „Wife Material“ Eigenschaften (in meinen Augen ein Schimpfwort) ich hĂ€tte und dass ich mich lieber darauf konzentrieren sollte. Schließlich wĂ€re er fĂŒr den Rest verantwortlich. Dies widersprach nicht nur gĂ€nzlich meiner Erziehung, sondern auch all meinen Werten und Normen. Ich gehe vielen verschiedenen Hobbys nach und probiere andauernd etwas Neues aus. Diese Freiheit, meine Freiheit im Allgemeinen lasse ich mir nicht nehmen. Niemals. Also entschied ich mich, ihn von seinen durch meine Persönlichkeit ausgelösten Selbstzweifel zu erlösen, und verbannte ihn aus meinem Leben. MerkwĂŒrdigerweise kam er damit noch weniger klar. Denn nun war er machtlos. Also genau der richtige weg. UnabhĂ€ngig und vor allem ohne ihn.

Die Frage, ob sich MĂ€nner durch meine UnabhĂ€ngigkeit unmĂ€nnlich fĂŒhlen, stelle ich mir allerdings heute noch ab und an. Versteht mich nicht falsch, ich werde mich nicht Ă€ndern und das kleine verletzliche MĂ€uschen spielen, weil ich das nicht bin. Aber ich möchte auch nicht, dass ein Mann in meiner Gegenwart Selbstzweifeln erliegt. Die Antworten auf meine GesprĂ€che ĂŒber dieses Zitat vielen von Mann zu Mann sehr unterschiedlich aus. Jedoch scheint das Thema MĂ€nnlichkeit ein sehr sensibles zu sein.

© Angelina Knaak 2024-08-10

Genres
Biografien
Stimmung
Komisch, Inspirierend, Reflektierend