Die Soča

Story

Als ich genug „hergerichtet“ war als Wildwasserpaddlerin, durfte ich eines Tages auch mit auf die Soča nach Slowenien. Was ich mir vorher nicht vorstellen konnte, dass es nämlich einen schöneren Fluss als die obersteirische Salza geben konnte, sah ich da. Es gab. Sie war unfassbar smaragdgrün, glasklar, weiße Riesenmugel Felsbrocken, rund, nicht feindlich gesinnt. Ein Weltmeister-Bach. Und ein Synonym für Paradies.

Es gab an der Soča auch mehrere Abschnitte verschiedener Schwierigkeitsgrade. Das musste man sich vorher in einem Paddelführer ansehen. Wenn einem nicht alles Wurscht war. Meiner flüchtigen Paddelbekanntschaft war das aber Gott sei Dank nicht alles egal. Ihm habe ich es, glaube ich zumindest, zu verdanken, dass Paddeln 30 Jahre lang ein wunderbares Hobby blieb, ohne größere Kollateralschäden. Das war in unserem engsten Freundeskreis nicht immer der Fall.

Die Soča hatte, für mich zumindest, drei Abschnitte, wovon ich nur zwei fuhr. Der dritte Teil war zu schwer für mich. Er begann mit einem Siphon. Und das ist genau so, wie es klingt. Der schluckt einen und wenn man es kann und Glück hat, spuckt er einen wieder aus. Der war was für Hasardeure und deren weibliche Entourage. Arnold musste sich dafür auch so manche Häme anhören von unseren heldenhaften Freunden, Warmduscher, so in der Art, aber ich bin ihm sehr dankbar, dass er mich nicht verheizte.

Der zweite Abschnitt, der mittelschwere, endete an einer Ausstiegsstelle namens „Friedhof“. Das war mir eh genug Herausforderung. Es war zwar kein ausgesprochener Paddlerfriedhof, er war angelegt für die örtliche Bevölkerung, die meistens eines natürlichen Todes starb. Aber trotzdem. So richtig anheimelnd fand ich den Satz „Mir fåhrn heit mit die Mädls nur bis zum Friedhof“ nie. Doch diese Teilstrecke war wunderbar auch für mich. Herausfordernd für mein Können, Prickeln, Magendrücken, Stolz und Euphorie, wenn ich es geschafft hatte. Einmal fiel ich beim Ausstieg (da war ich immer recht fertiggefahren) fast auf eine Wasserschlange! Oder war sie nur zum Schwimmen da?

Die herrlich naturbelassenen Campingplätze wurden bald vom Geheimtipp zum Massenlager. Mit allen unerfreulichen Nebenerscheinungen. An langen Wochenenden sah es in den Kehrwässern (Platzln hinter einem Hindernis, wo man sich ausrasten und auch üben konnte) aus, wie im Corona-Winter 2020/2021 auf einem überfüllten Parkplatz am Semmering. Die österreichischen Paddel verhedderten sich in slowenischen, italienischen, deutschen, schwedischen, tschechischen, die Boote stießen ständig aneinander, die Rücksichtslosen fuhren ihre Ellbögen aus. Eines Morgens war die ganze lange Leine mit dem zum Trocknen aufgehängten Paddelgewand von 6 Personen sauber abgeräumt. Zivilisationsschäden.

Die Foto-Postkarte zeigt zwei Leute, von denen ich gerne glauben möchte, dass wir beide das waren. Alles passt, Boote, Helme, Schwimmwesten.

Aber es war eines Tages an der Zeit, weiter zu paddeln…

© 2021-01-18

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