von Gerhard Maier
„Der kälteste Winter meines Lebens war ein Sommer in San Francisco,“ soll Mark Twain geschrieben haben.
Noch gestern Abend lagen wir am Strand von Pismo-Beach, irgendwo am Pazifik von Los Angeles herauf. Wir beobachteten Seeotter, die sich von kleinen Wellen im eiskalten Wasser treiben ließen. Schon die Annäherung an San Francisco lässt nichts Gutes erwarten. Mitten am Nachmittag ist es düster. In der Nebelsuppe kann man schemenhaft die Riesenarme der Hafenkräne erkennen. Wir wollen zur Golden Gate Bridge, der Busparkplatz ist leer, keine Brücke ist zu sehen. Irgendwo in der Düsternis sieht man einen Pfeiler.
Wir checken im Hotel ein, wir sind müde, morgen um 9:00 geht das Besichtigungsprogramm weiter. Wir wollen zu zweit noch eine Kleinigkeit essen gehen. Nach hundert Meter kommen wir in eine Polizeiaktion. Zwei harmlos aussehende Männer stehen auf der Straße, umringt von Polizisten. Ein Officer brüllt herum: Lay down, lay down!“ Die beiden Männer legen sich mit dem Bauch auf den Asphalt. Die Autos müssen stehen bleiben, die Passanten huschen schnell vorbei, wir natürlich auch.
Eine gut besuchte Pizzeria lockt uns, wir bekommen einen Platz und beobachten die Szenerie, wie in einem alten Mafia-Film. Die Kellner in schwarzem Anzug mit weißem Hemd und Fliege. An einem Tisch sitzt eine Bubengruppe mit Pfarrer, ganz in Schwarz mit weißem Stehkragen. Die Jungs mit kurz geschorenem Haar sind adrett gekleidet. Auch die anderen Gäste, Damen tragen Kostümchen. Am Tresen lehnt alleine ein alter Italiener, er nickt immer wieder leicht ein. Er ist der Chef, die Kellner wuseln geschäftig herum, das Essen ist authentisch. Unser Kellner merkt gleich, dass wir Europäer sind, er stammt aus Treviso. Er hat einen Freund in Villach, nein, den kennen wir nicht. Er zeigt uns Fotos von Frau und Kind, er war 15 Jahre nicht mehr in Italien, aber nächstes Jahr wird er seine neue Familie seiner Mama in Italien vorstellen.
Am nächsten Tag starten die Besichtigungen erst mal mit der Tram. Das letzte Stück durch den Golden Gate Park sind wir zu Fuß unterwegs. Bald fährt eine Polizeistreife langsam hinter unserer Architektengruppe her, sie spricht über Lautsprecher zu uns. Sie überholen uns, nach kurzem Check zischen sie aber ab.
Die Wissenschaftsakademie von Renzo Piano simuliert Mutter Erde, ein technologisches Projekt zeigt beachtliche Biotope, noch nie gesehene Fische schwimmen über uns, Blue-Morpho Schmetterlinge umflattern die Besucher. Das De Young Museum von Herzog/de Meuron beherbergt eine Fülle von Ethno-Prunkstücken und eine Sonderausstellung über Modeschöpfer Gaultier.
In den nächste Tagen werden wir noch einige beeindruckende Museen bewundern, so das Modern Art Museum von Mario Botta und das jüdische Museum von Daniel Libeskind.
Die Schiffstour nach Alcatraz unter der Golden Gate hindurch ist ein Muss in San Francisco. Strahlend blauer Himmel und angenehme Temperaturen zeigen das andere klimatische Gesicht der Stadt.
© Gerhard Maier 2020-08-08