von Hermann Karosser
Wir hatten, organisiert von unseren San Marinesischen Freunden, in einem kleinen romantischen Hotel ĂŒbernachtet. Beim Aufwachen konnte man vom Bett aus auf den Monte Titano blicken, SAN MARINOS Hausberg. – Jetzt standen wir aber 10 Kilometer vor IMOLA in einer Autoschlange, die sich in Stopp-and-Go-Geschwindigkeit dem Austragungsort des âGroĂen Preises von San Marinoâ nĂ€herte.
Wir schreiben das Jahr EINS nach Ayrton Senna, 1995. Zusammen mit 5 Freunden hatten wir uns die Gelegenheit nicht entgehen lassen, einmal so ein Formel-1-Rennen live mitzuerleben.
Die offiziellen ParkplĂ€tze an der Rennstrecke waren lĂ€ngst nicht fĂŒr so viele Besucher ausgelegt, wie zu dem groĂen Rennen kamen. Private Hausbesitzer haben aber das groĂe GeschĂ€ft gewittert und ihre VorgĂ€rten und Garageneinfahrten fĂŒr gutes Geld an Motorsportfans vermietet, die mit dem Auto anreisten. ZwangslĂ€ufig nahmen auch wir einen von den teueren âParkplĂ€tzenâ.
Was folgte, war ein langer FuĂweg bis zum âAutodromo Dino e Enzo Ferrariâ und ein matschiger Aufstieg zur TribĂŒne an der âCurva Tosaâ, auf der sich unsere 7 PlĂ€tze befanden, es hatte vorher geregnet.
FĂŒr einen von uns war es nicht die erste Motorsportveranstaltung, an der er teilnahm und wir waren froh darĂŒber, dass er uns den Tipp mit dem âOropaxâ gegeben hatte. Schon beim Anlassen der Motoren, weit weg von unserem Standort, erhob sich ein ohrenbetĂ€ubender LĂ€rm, der beim Durchqueren der Tosa durch die Rennwagen vor uns ohne die Ohrstöpsel sicher unmittelbar zu einem Hörschaden gefĂŒhrt hĂ€tte. Nach der Tosa folgt ein BergaufstĂŒck. Trotzdem hat der Regen PfĂŒtzen hinterlassen. Beim DarĂŒberfahren drehten die Reifen der Boliden durch und die Motoren heulten zusĂ€tzlich in höchsten Tönen auf.
Schon nach ein paar Runden hatten wir die Ăbersicht verloren, Michael Schumacher war schon lĂ€nger nicht mehr bei uns vorbeigekommen. VideogroĂwĂ€nde, wie heute, gab es damals noch nicht. Aber jetzt war uns klar, warum die Imola erfahrenen Italiener alle kleine RundfunkempfĂ€nger dabei hatten, sie hörten sich das Rennen gleichzeitig im Radio an und waren so im Gegensatz zu uns immer auf dem aktuellen Stand.
Am Ende hatte der Brite Damon Hill auf Williams-Renault gewonnen. Wir stĂŒrmten durch eine schnell geschlagene LĂŒcke im Zaun zusammen mit allen anderen Motorsportfans die Rennstrecke und machten uns auf den Weg, das Autodromo zu FuĂ zu umrunden. Es ging ĂŒber die RIVAZZA, wo Schumacher sein Auto âabgestelltâ hatte, vorbei an Start und Ziel mit der parallelen BoxenstraĂe bis hin zu einem Zaun an der TAMBURELLO, wo Senna im Jahr vorher verunglĂŒckt war und seine Fans Blumen, Bilder und FĂ€hnchen zur Erinnerung an ihn angebracht hatten.
Wir haben nie wieder ein Formel-1-Rennen besucht und schauen seit den letzten Siegen von Vettel auch nur noch sporadisch die FernsehĂŒbertragungen an. Die Erfahrung, einmal dabei gewesen zu sein, und die Erinnerung an das Rennen von Imola möchten wir aber keinesfalls missen.
© Hermann Karosser 2020-09-25