es ist frühling. nach 2 wochen auf dem Kopan Hill fährt mich das taxi ins tal, auf staubigen straßen durch ländliche siedlungen, vorbei an gemüsegärten und feldern, wo die menschen an der arbeit sind.
bhaktapur ist die kleinste der drei königsstädte im kathmandu tal. man sagt, bhaktapur ist dort, wo nepal sich von seiner ursprünglichen seite zeigt. ich wohne im Shiva Guest House sehr gepflegt, direkt am Durbar Square mitten in der stadt und gerade recht für ein paar tage erholung nach einem anstrengenden seminar. das guesthouse ist nur zur hälfte belegt. die meisten touristen kommen als tagesausflügler, gruppenweise mit einem guide. japaner und chinesen sind in der überzahl, erkennbar an den wuchtigen kameras, aber auch ein paar backpacker sind da. ich genieße die freie zeit und lasse mich treiben, schlendere durch die gassen. bhaktapur ist überschaubar, gerade so groß, dass man sich fast alles zu fuß erwandern kann.
alle autos parken vor der stadt. die altstadt gehört den menschen. straßen und gassen sind orte zum verweilen. es gibt viel zu schauen und zu entdecken. abgesehen von den juwelen der newar architektur und den atemberaubenden jahrhundertealten tempeln gewährt der ort einblicke in den alltag seiner bewohner. schmale gassen führen hügelauf und hügelab, dazwischen liegt der töpfermarkt, tausende gefäße aus grauem ton sind hier auf reisstroh zum trocknen ausgelegt. in den hauseingängen drehen sich die töpferscheiben. ein paar gassen weiter schaue ich beim dreschen von reisstroh zu. aus geflochtenen körben recken hühner gackernd ihre köpfe. frauen flechten blumengirlanden als opfergaben für die götter. auf einer plane am boden trocknen chilis. in einem kleinen laden erhandle ich zwei pashminas für meine söhne. mehr noch könnte ich über das dörfliche stadtleben schreiben, das mich so bezaubert. die paläste und tempel beschreibe ich nicht. das steht im reiseführer viel genauer.
mittags steige ich die stufen zur terrasse des Nyatapola Café auf dem Taumadhi Tol hinauf. ein paar touristen halten sich bei den bunten souvenirläden auf. der mit 30 m höchste tempel des kathmandu tals, der Nyatapola tempel, flößt mir ehrfurcht ein. an der ostseite, zu meiner linken, steht der ältere Bhairavnath Tempel aus dem frühen 17. jahrhundert. er soll vor bösen dämonen schützen. so fühle ich mich wohl behütet. plötzlich fegt lauter trommelwirbel durch die gassen. trommelnd strömen pfadfinder und schüler*innen in ihren uniformen von allen seiten auf den platz. eine welle der begeisterung begleitet sie. eine kleine girl scout mit zöpfen und spendenbüchse erklärt mir auf englisch, dass die scouts und schulklassen für die opfer der katastrophe in japan geld sammeln.
es ist mai 2011. eines der ärmsten länder der welt bringt so viel mitgefühl für das leid der menschen eines reichen landes auf. es ist das, was nepal auch heute noch ausmacht und warum ich nepal so liebe.
* titel des romans von Nina Rauprich, 1995
foto fk.
© friederike kommer 2021-01-22