Die untalentierte Mrs.

Helga M. Stadler

von Helga M. Stadler

Story

„And the Oscar goes to …“ Wer hat sich nicht schon mal vorgestellt, mitten im Publikum sitzend, seinen Namen zu hören und einen so begehrten Preis zu gewinnen? Oder mit einer Trophäe nach einem sportlichen Wettkampf oder mit einer Auszeichnung z. B. nach einer künstlerisch-herausragenden Leistung nach Hause zu gehen? Als sichtbares Zeichen und Anerkennung für eine überdurchschnittliche Begabung und zugleich ein Triumph über sich selbst nach jahrelanger harter Arbeit, Disziplin und Verzicht!

Wie oft habe ich schon staunend und bewundernd live oder vor dem Bildschirm sitzend, Sportler, Tänzer, Pianisten, Sänger oder Musiker und ihr besonderes Talent genießen dürfen. Um richtig gut und erfolgreich zu sein, heißt es, bedarf es der richtigen Kombination aus Talent und Ehrgeiz. Auch bei mir gibt es einige Fertigkeiten, die ich schon immer können, wollte, leider fehlt es mir an beidem – an Talent und entsprechendem Biss. Ganz oben auf meiner persönlichen „Unbedingt-Können-Wollen“-Liste – neben Schreiben natürlich – stehen Tanzen und Klavierspielen, abgeschlagen Singen und Tennis.

+ Stichwort TANZ: Leider verfüge ich über keinerlei Rhythmus- und Taktgefühl, auch sonst bin ich nicht wirklich musikalisch. Egal, ob beim obligaten ersten Tanzkurs mit 17, später bei Jazz-Dance oder Aerobic-Stunden – völlig hilflos und für mich unmöglich, Hände und Beine richtig zu koordinieren. Mit Schmunzeln denke ich an den Maturaball zurück, als mein Tanzpartner, einer der nettesten Schulfreunde, Fritzi, mich bei einem feurigen Tango irritiert ansah und fragte: „Ich tanze Tango. Ich weiß aber nicht, was du tanzt?“

Jahre später ein neuerlicher Anlauf. Ein Stepptanz-Kurs. Nach einer halben Stunde und mit dem Grundschritt völlig überfordert, verlasse ich noch vor der Pause fluchtartig den Tanzsaal und ward nie mehr gesehen … Ich fühlte mich mal wieder wie Gregor Samsa, als er eines Morgens als am Rücken liegendes, unbewegliches Ungeziefer aufwacht.

+ Stichwort KLAVIERSPIEL: Mein Vater wollte, dass ich Klarinette oder Querflöte in der Dorf-Musikkapelle spiele und quälte mich jahrelang damit. Ehrlich, wie unsexy ist das denn (sorry, wenn jemand diese Instrumente hot findet)?! Ich wollte unbedingt Klaviervirtuosin werden. FĂĽr ein Instrument gab es aber weder Geld noch Verständnis. FĂĽr eine meiner Freundinnen, aus gut bĂĽrgerlichem Haus, war Klavierspielen jedoch ein Muss, obwohl sie es hasste. Meine Idee – Klavier-Stunden bei ihr zu nehmen. Ăśber die 5. Stunde bin ich nie gekommen. Gut fĂĽr die Nachbarn schade fĂĽr mich …

Was mir aber niemand nehmen kann, ist meine ungebrochene und tief sitzende Leidenschaft fĂĽr diese Kunstformen. Egal, ob Ballett oder TanzvorfĂĽhrungen jeder Art, ich sitze in der ersten Reihe und applaudiere enthusiastisch. Und auch so manches Klavierkonzert genieĂźe ich, gemĂĽtlich auf der Couch sitzend, und schwelge in Fantasien.

Und wer weiĂź, so ein Tango- oder Salsa-Kurs wĂĽrde mich schon reizen …

© Helga M. Stadler 2020-10-07

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