„So ein Blödsinn!“ Eine der beiden älteren Damen, die vor mir den Weg entlang spazierten, wedelte mit der Hand in eine für mich nicht klar erkennbare Richtung. Die zweite Frau nickte. Was sie sagte, hörte ich nicht mehr, denn ich war schon weitergewandert auf dem „Währinger Frauenweg“. Hier, im Pötzleinsdorfer Schlosspark, machen zehn Schautafeln darauf aufmerksam, welche Rechte sich Frauen seit dem ersten Frauentag 1911 erkämpft haben.
Hatte sie mit „Blödsinn“ der Frauenweg gemeint, die weißhaarige Lady? Eine Hofratswitwe aus dem noblen Währiger Cottageviertel, die es nie notwendig gehabt hatte, arbeiten zu gehen?
Ich erreichte die künstliche Grotte, aus der ein kleiner Bach fließt. Entlang des Wegs standen nun Schautafeln zu den Themen „Sport“, „Wahlrecht und Politik“, „Wissenschaft und Kunst“. An Kunst gibt es hier im Park einiges zu sehen, unter anderem steinerne Löwen beim Haupttor, einen „Griechischen Tempel“ und mehrere Statuen, darunter die vier „Sängerfiguren“, die früher das Ringtheater geschmückt hatten.
Nach einer kleinen Runde kam ich zum unteren Ende des Frauenwegs. Dort traf ich wieder auf die beiden älteren Damen. Die Sache von vorhin ließ mir keine Ruhe, also frage ich sie, wie ihnen der Währinger Frauenweg gefiel.
Zu meiner Überraschung waren beide begeistert davon. Genauso wie vom Rest des Parks mit seinen schattigen Wegen, den beiden kleinen Teichen und den Statuen. Nur eine der Figuren mochten sie nicht: die „Frau ohne Arme“ – die „Venus“ beim Spielplatz in der Nähe das Haupteingangs. Dass Adelige früher absichtlich künstliche Ruinen und „kaputte“ Statuen in Auftrag gegeben hatten, damit diese antik wirkten, das sei doch wirklich ein Blödsinn gewesen. Und außerdem, lachte die Weißhaarige, die gar nicht wie eine Hofratswitwe aussah, brauche man als Frau ja Arme und Hände. Denn zu tun – das wisse sie aus eigener Erfahrung – gebe es für Frauen immer genug.
© Zwischen_den_Zeilen 2020-07-17