Die volle Dröhnung

Wie man behauptet, ist der Skorpion an sich ein zügelloser, maßloser Charakter, der keiner Sünde wie auch den Süchten nicht abgeneigt ist. Was soll ich sagen? Stimmt alles. Auch ich hab meine Dämonen, gegen die ich kämpfe. Und weil der Tag nicht so gelaufen ist, wie ich mir das gedacht hab, beschließe ich, mich meiner heimlichen Sucht heut ausnahmsweise hinzugeben. Nur heute. Und ab morgen bin ich dann wieder für Wochen “clean”. Ich kann das. Denn ich bin Skorpion. Wir haben uns selber nämlich im Griff. Hart zu anderen, härter zu uns selbst. So sind wir.

Ich schaue verstohlen nach links und rechts. Zögere kurz, überlege. Brauch ich es wirklich? „Ach, scheiß drauf!“ Man gönnt sich ja sonst nix! Dann geh ich in den kleinen Laden. “Hohoho!”, stoße ich aus. Der ganz heiße “Shit” hier. Und ich schniefe gierig, als ich mir überleg, was ich mir reintun werde heute, um ein wenig runterzukommen und damit der Tag doch noch einen feinen Ausklang nimmt.

“Ich nehme…”, sage ich: “… zwei Semmerl vom Classic. Darf ruhig ein wenig mehr sein. Und eine Cola, bitte.“ Die Frau hinter der Theke sticht mit ihrer Fleischgabel in den heißdampfenden Strunz Leberkäse und wuchtet das Monstrum auf das Brett vorm Ofen. Dann schneidet sie zwei schön dicke Scheiben ab und macht mir zwei Dröhnungen fertig. Ob ich auch Senf will, meint sie. „Bloß nicht!“, raune ich. Dem Pepi sein Leberkäs schmeckt am besten unverschnitten. Und weil das Zeug halt gar so gut duftet, bestell ich mir noch zwei Scheiben extra. Die nehm ich für morgen Mittag mit. Kurz erhitzen, Spiegelei dazu und Spinat oder Bratkartoffeln. Herrlich! “Die Gier ist ein Hund!”, wie Vati immer grinsend sagte.

Als sie mir den Preis sagt, schlucke ich kurz. Billig ist das Zeug beim Pepi nicht, aber dafür ungestreckter Genuss. Ich schieb ihr zwei Scheine rüber, schnapp meine Tüte und mach mich davon. Ich fühl mich nicht wohl, weil die nächsten Süchtler schon so gierig auf meine Baggies glotzen. Mundraub ist in der Höhle hier ein echtes Thema! Und im Zweifel gilt das Faustrecht.

An meiner Mühle, die ich vorausschauend im Verborgenen zwischen zwei Transportern geparkt hab, geb ich mir gierig die Dröhnung. “Boah! Tut das gut!”, geb ich mit glasigen Augen von mir, als das Zeug seine Wirkung auf meiner Zunge entfaltet. Als würd ein Englein mit seinen Flügelspitzen mir den Gaumen streicheln. Ach! Natürlich hab ich ein schlechtes Gewissen dabei, dass ich mich so wenig im Griff hab. Wieso kauf ich immer so viel?! Aber wenn ich auf turkey gehe, dann muss ich’s haben. Hilft alles nix.

Ein Passant schaut lang und gierig auf mein Zeug, als ich grad nachschiebe. Ich starre ihn böse an, dann knurre ich laut, und er macht erschrocken zwei hopsende Schritte. “Nicht mal denken!”

Minuten später hock ich entspannt auf meiner Maschine, rauch eine und trink das Cola leer. “Buuurps!” Das hat gut getan! Leichte Überdosis erwischt. Aber ich mach mir keine Sorgen! Denn wenn ich wollte, könnt ich jederzeit damit aufhören. Wille aus Stahl – Skorpion eben!