Die Wächterin

Jessica Trebing

von Jessica Trebing

Story

Was hatte ich nur getan? Wozu ich imstande wäre? Tohuwabohu heilte mich. Im Gegenzug saugte Tohuwabohu etwas von mir heraus. War es Lebenssaft? Oder diese Lebenskraft von der EJ sprach? Bis heute weiß ich es nicht. Lange Zeit dies zu hinterfragen, blieb mir auch nicht. Ein schriller Schrei fuhr aus Tohuwabohu, so ohrenbetäubend wie bei der Abfahrt einer Achterbahn. Im selben Moment spaltete sich die Erde unter mir und ich konnte sie sehen. Viele, unzählige formlose Gestalten, wie Tohuwabohu. Ohne Licht, voller Dunkelheit mit breiten Grimassen. Langsam kletterten sie die Wände hoch, um aus der gespalteten Kruste des Flussbettes herauszukriechen. Die Laute, die sie von sich gaben, waren skurril, verpassten dieser menschlichen Fessel eine ekelerregende Gänsehaut. Dämonenkinder. Geschaffen nach dem Sinnbild Tohuwabohus. Durch mich. Die Fratze auf Tohuwabohu Gesicht gab mir sofort zu verstehen, was sie wollten. Viel mehr, wohin sie wollten. Die Kuppel. Während ich versuchte, alles zu begreifen, konnte ich das Dreigespann über mir hören wie sie durcheinander riefen: „Was hast du getan?!“ Ich blickte kurz zu ihnen hoch. Doch ich konnte in ihren Gesichtern bereits die Antwort lesen. Nein, sie würden mir nicht helfen. „du bist auf dich alleine gestellt!“ „du hast dies verbrochen, also musst du es auch ausbaden!“ „Sieh zu, wie du das Werk des reinen Guten zerstörst!“ Sie flogen hinfort, samt ihrer Speere und der Chance, gemeinsam EJ’s Werk zu verteidigen. Diese verdammten Feiglinge. In Windeseile, getrieben von der blind machenden Panik, alles zu zerstören, gelang ich vor den Dämonenkindern zu der Kuppel. Eines muss man EJ lassen; diese Flügel waren das Beste, das geformt wurden. Ich hämmerte an die Kuppel, schrie nach Adam, um ihn zu warnen. Doch dieser hörte mich nicht. Oder wollte er mich nicht hören? Mistkerl. Für diese Machtspielereien war jetzt keine Zeit. Ich klopfte und schlug weiter. Plötzlich kam ein Wesen auf mich zu. Ähnlich wie Adam, und doch anders. Sie legte ihre Hand an die Kuppel. Ein Mensch? Ich konnte in ihren Augen Güte sehen. Doch durch die Güte war sie auch naiv und wollte nicht verstehen, was ich von der anderen Seite der Kuppel schrie. Wie auch? Wenn man keine Kenntnis von Gut und Böse hat, wie soll man auch verstehen, was hier gerade passierte. Meine Stimme wurde kreischend, Tränen rannten hinunter. Sie lächelte und flüsterte: „Ich bin Eva. Wer bist Du?“ Verdammt. Sie war keine Hilfe für diese Situation hier. Panisch schrie ich in den Himmel hinauf und rief EJ’s Namen. Plötzlich durchquerten gewaltige Blitze das Land. Ich spürte, wie sich diese menschliche Haut veränderte. EJ schenkte mir Schutz an den empfindlichsten Stellen meines Körpers. Die Haut, schuppig und grünlich. Wie die einer Schlange. Plötzlich hörte ich einen machtvollen Donnerschlag. Von oben fiel ein gigantisches Schwert aus unserer Welt hinunter, direkt vor mich. Du willst, dass ich diese Dämonenkinder vernichte? Bei diesem Gedanken flog ein großer Adler über das Land, durch die grellen Blitze hindurch und zog an meinen Flügeln, als wolle EJ sagen: „Worauf wartest Du?“ Wie im Wahn ließ ich mich nicht zweimal bitten. Gemeinsam durchkreuzten wir die Wege der Dämonenkinder. Es war ein einziger Schlachtkampf. Ich hatte in diesem Moment nichts Menschliches mehr an mir. Auch bestimmt nicht mehr nur Gutes. Unbändig, mordlustig, mit brutaler, barbarischer Stärke. Ich würde nicht zulassen, dass der Kuppel etwas passieren würde. Nicht unter meiner Wache.

© Jessica Trebing 2024-09-02

Genres
Science Fiction & Fantasy