Die Waldandacht in Maria Grün

Jürgen Heimlich

von Jürgen Heimlich

Story

Franz Plankenbüchler war Gastwirt und betrieb sein Restaurant zusammen mit seiner Frau am Freudenauer Dammhaufen. Besonders beliebt bei den Gästen waren die täglich frischen Donaufische aus eigener Fischzucht. Der Fußball-Club „Freudenau“ hielt seine Sitzungen im Restaurant von Franz Plankenbüchler ab. Manchmal trank er mit den Gästen ein Glas Wein. Seine Frau liebte Hunde und da er seine Frau liebte, hatte er damit kein Problem. Und er war ein tiefgläubiger Katholik.

Franz bekreuzigte sich oft vor einem Marienbild, das schon seit 1863 an den Stamm eines Baumes angeheftet war. Der Schulleiter einer einklassigen Volksschule nahe dem Lusthaus setzte dieses Zeichen, weil es in der Nähe keine Pfarrkirche gab. An einem sonnigen Tag im Jahre 1911 traf Franz eine Entscheidung, und wusste freilich nicht, was dies für Konsequenzen nach sich ziehen würde. Er begab sich in den dichten Prater Auwald und suchte eine gute Stelle, um dort eine Marienstatue aufzustellen. Dies sollte ein Geschenk und eine Einladung für Menschen sein, die hier vorbei kamen. Eine Einladung, für ein Gebet oder einen Rosenkranz stehen zu bleiben und sich vor der Gottesmutter zu verneigen.

Es dauerte nicht lange, und der Ort, wo die Statue stand, entwickelte sich zu einer Stätte gelebter Volksfrömmigkeit. Es kamen weitere Statuen dazu und auf Bäumen befestigten die Menschen Kreuze und Heiligenbilder. Franz Plankenbüchler kann also als Urheber der „Waldandacht“ in Maria Grün gesehen werden. Keine fünf Minuten von der Kirche in Maria Grün entfernt befindet sich ein Gedenkort, der an die „Waldandacht“ erinnert. Er liegt ein wenig versteckt im Auwald und ist doch gut erkennbar, wenn Spaziergänger mit offenen Augen durch die Welt gehen. Hier befindet sich auch ein Gedenkstein für Franz Plankenbüchler. Aus der Inschrift des Gedenksteins geht hervor, dass er im Ersten Weltkrieg Feldwebel gewesen war und gefallen ist. Er war mit Tapferkeitsmedaillen bedacht worden. Direkt neben dem Gedenkstein befindet sich eine Marienstatue.

Sieben Jahre nach dem Tod von Franz Plankenbüchler wurde die Kirche in Maria Grün am 21. Dezember 1924 von Kardinal Piffl geweiht. Mit den Jahren entstand eine Wallfahrtstradition. Die Kirche in Maria Grün trägt ihren Namen aufgrund des Rundgemäldes, das sich über dem Tabernakel befindet. Das Gemälde zeigt die Mutter Gottes mit dem Jesuskind auf einer Bank im Prater sitzend. Die „Waldandacht“ ist eng mit dieser Kirche verbunden. Pater Clemens Kriz, seines Zeichens AIDS-Seelsorger der Erzdiözese Wien und Trinitarier, ist Pfarrer der Kirche Maria Grün und erinnerte 2011 an die „Waldandacht“, die damals 100 Jahre bestand.

Der Gastwirt Franz Plankenbüchler hat also mit dem Aufstellen einer Marienstatue etwas ins Rollen gebracht, das Maria Grün bis heute auf besondere Weise prägt. Pater Clemens bringt es gut auf den Punkt: „Es ist eine eigenartige Frömmigkeit hier, ich denk mir, das muss man so lassen“.

© Jürgen Heimlich 2021-02-24

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