Die Waldelfe

Der Frühling hat sich nach der ersten Euphorie wieder zurückgezogen.

Hat er doch vor zwei Wochen diese Waldelfe kennengelernt. Er war sofort Feuer und Flamme, sie jedoch überlegte noch, wollte mehr Zeit haben. Da sitzt er nun im hintersten Winkel seines Hauses und schmollt. Sie hatten ja zwei Dates und es wurde ihm warm ums Herz in ihrer Gegenwart. Worauf warten? Er ist der Frühling und voll im Saft und sie ist eine wunderschöne Elfe. Seine Gefühle erwärmten die Erde und die Sonne strahlte vor Freude. Seine Frühlingsgefühle erwachten.

Er blickt aus dem Fenster und der Winter hat nochmals das Zepter übernommen. Grau und kalt, Schneeregen. Alle Blüten haben sich versteckt und frieren. Die Vögel sind beleidigt und die ersten Schmetterlinge und Bienen verkriechen sich mit verschnupften Nasen oder Schnäbel.

„Ach, habt mich doch alle gern“, spöttelt der Frühling und zeigt den Mittelfinger. Die Waldelfe ist eingeschnappt und spricht kein Wort mehr mit dem Frühling. Warum musste er auch alles so überstürzen? Liebe braucht Zeit und Raum und für eine Affäre ist sie sich zu schade. Vielleicht kommt er ja wieder zu Verstand? Frühlingsanfang ist schließlich erst in einer Woche.

Der Winter ist zufrieden. Er darf noch ein paar Tage oder Wochen wüten und Schneekristalle und Reif in die Natur schicken. Obwohl, diese Waldelfe würde ihm auch gefallen. Sehr sogar. Sollte er sein Glück bei ihr versuchen? Immerhin ist er genauso ein stattlicher Mann, wie der Frühling, aber nicht mehr so grün hinter seinen Ohren. Ganz im Gegenteil. Reif und intelligent. Überlegt in seinen Handlungen und offen in seinen Gefühlen.

Selbstbewusst stellt er sich vor seinen Kristallspiegel und dreht sich. Nichts auszusetzen. Sie wären sicher ein schönes Paar und er liebt den Wald. Er wird sie ansprechen und sich ein Date mit ihr ausmachen. Wer nicht wagt, der nicht gewinnt.

Der Frühling jedoch schaut finster vor sich hin und murmelt irgendwelche Schimpfwörter in seinen nicht vorhandenen Bart. Dann sieht er auch noch den Winter in den Wald stiefeln und seine Stimmung ist auf den Nullpunkt angekommen. Der wird doch nicht? Das wird er sich nicht trauen, oder doch? Wutentbrannt läuft er aus dem Haus, aber der Winter lässt sich nicht aufhalten.

Zu tiefst gekränkt verkriecht sich der Frühling in sein Bett. Und da bleibt er jetzt und der Winter turtelt mit der Elfe im Wald.

Foto: Pinterest/Guy de Marigny